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Agilität ist ein Mindset und kein einzelnes Framework

Als Consultant der Business Line Life Sciences, kann ich in meinem täglichen Wirken feststellen, dass das Thema Agilität nun endgültig auch bei den meisten Unternehmen unserer Branche angekommen ist. Bei den Themen «agiles Mindset» und «agile Frameworks» gibt es beinahe so viele Missverständnisse wie Sand am Meer. Vermutlich wird eine überwiegende Mehrzahl von Unternehmen, Führungspersonen oder Teams von sich selbst behaupten, sie handeln und denken nach einem «agile Mindset». Doch was genau steckt hinter diesem Begriff? Warum ist das Mindset gerade im Agilen so wertvoll? Wie wird ein agiles Mindset am Beispiel SAFe eingesetzt? Und wie können Führungskräfte und individuelle Personen an diesem Thema wachsen? Diesen Fragen versuche ich in den folgenden Ausführungen, aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten.

Legen wir zuerst die Grundlage: Eine kleine Ausführung zum Begriff Mindset

Sucht man nach einer direkten Übersetzung aus dem Englischen, so wird der Begriff laut Pons mit Denkart oder Mentalität beschrieben. Dem englischen Cambridge Dictionary zufolge, handelt es sich bei einem Mindset um «die Denkweise und Meinung einer Person». Für mich persönlich sind diese Definitionen jede für sich genommen absolut zutreffend und gleichzeitig kratzen sie nur an der Oberfläche.

Was der Übersetzung als auch der englischen Beschreibung meines Erachtens fehlt, ist die Tatsache, dass ein Mindset auf Erfahrungen aufgebaut ist. Jede Person ist in ihrer Haltung, ihrem Handeln und ihrer Herangehensweise an unterschiedliche Aufgabenstellungen durch Erfolge sowie Misserfolge, durch erfahrene Freude und durchlebtes Leid geprägt. Dieser zutiefst menschliche Aspekt, gilt es im Zusammenhang mit dem Thema Mindset immer mitzudenken.

Das Mindset kann somit als ein situatives Zusammenspiel unseres bewussten Denkens und Handelns mit den unbewussten Gefühlen und Empfindungen auf Basis der gesammelten Erfahrungen bezeichnet werden. Vor diesem Hintergrund ist mir eine Aussage besonders wichtig: Es gibt kein richtiges und kein falsches Mindset. Was es benötigt, damit Menschen in unterschiedlichsten Konstellationen des täglichen Lebens gemeinsam Erfolge feiern können, ist ein Mindset, welches zur Lösungsfindung der gerade vorhandenen Aufgabenstellung passt. So ist in einer innovativen Marketingabteilung eine andere Geisteshaltung gefragt, als beispielsweise in einem stark reglementierten behördlichen Umfeld.

Was ist denn nun ein «Agiles Mindset»?

Beschäftigen wir uns einmal mit der Frage, was das agile Arbeiten so spannend und besonders macht: Eine agile Arbeitsweise befähigt Unternehmen, Teams und einzelne Personen durch gewisse Rituale, ständig aus dem Erlebten zu Lernen und das eigene Handeln dadurch zu Optimieren. Weiter zeichnet sich agiles Arbeiten dadurch aus, die vorhanden Prozesse und Rahmenwerke auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, um unnötige Ablenkung zu vermeiden. Als dritter Aspekt versucht die agile Arbeitsweise die minimalistischen Rahmenwerke so einzusetzen, dass den darin handelnden Personen Freiraum eingeräumt wird, in welchem sie sicher an den gesammelten Erfahrungen wachsen können. Durch diese drei Dimensionen – kontinuierliche Verbesserung, Fokussierung auf das Wesentliche, Schaffung eines sicheren Raumes – ermöglicht die agile Arbeit, sich den schnellen Veränderungen in einer dynamischen und komplexen Welt erfolgreich anzupassen.

In der agilen Community ist die von Carol Dweck geprägte Theorie der zwei Ausprägungen von Mindset, weit verbreitet und als allgemeingültiger Konsens absolut anerkannt. Ihrer Forschung zufolge ist die Überzeugung der Menschen mit einem «Growth Mindset» dadurch geprägt, dass man im Leben alles erreichen kann, wenn man den dafür notwendigen Einsatz mit der entsprechenden Hingabe und Leidenschaft erbringt. Personen mit dieser Denkweise sehen Fehler als Möglichkeiten an, etwas Neues zu entdecken und operieren laut Dweck auf einem deutlich geringeren Stresslevel. Dem gegenüber stehen jene Menschen, welche dem «Fixed Mindset» zugeordnet werden können. Diese sind der Auffassung, dass menschliches Können rein von den angeborenen Talenten abhängt. Bei diesem Ansatz dient Lernen dazu, eine Wertschätzung von aussenstehenden Personen zu erhalten und Fehler werden als Bedrohung angesehen.

Kommen wir zum agilen Mindset am Beispiel SAFe

Scaled Agile ist eine Wissensdatenbank, welche Prinzipien, Praktiken und Kompetenzen enthält, die bewährt und in der Praxis erprobt sind. Diese sollen Unternehmen zum Erreichen geschäftlicher Agilität durch die Anwendung bekannter Methoden aus den Bereichen Lean und Agile verhelfen. Ausgehend von einem agilen Mindset, haben die Macher von SAFe die Idee eines «Lean-Agile Mindset» entworfen. Dieses Lean-Agile Mindset ist die Grundlage, um SAFe erfolgreich in einer Organisation anzuwenden. Es setzt sich aus den zwei wesentlichen Bestandteilen «Agile Manifesto» und «SAFe House of Lean» zusammen und deckt somit die zwei Hauptaspekte «Thinking Lean» und «Embracing Agility» ab. Durch die engmaschige Verflechtung dieser beiden Dimensionen entsteht eine kraftvolle Verbindung, welche Unternehmen befähigt, ihren Kunden mehr Wert zu liefern. Dies steigert die Kundenzufriedenheit, was wiederum die Moral und Zufriedenheit der eigenen Mitarbeitenden unheimlich stärkt.

Fazit
Ein agiles Mindset ist eine sehr individuelle Momentaufnahme. Es kann nicht von heute auf Morgen per Verordnung in einem einmaligen Arbeitsaufwand verändert werden. Vielmehr sollte auch hier die übliche Metapher einer Reise bemüht werden. Die Transformation des Mindset und eine damit einhergehende Persönlichkeitsentwicklung, ist das Resultat dieser besagten Reise. Für die Führungsebene in Unternehmen besteht die Verpflichtung und Verantwortung, ihren Mitarbeitenden diese Reise zu ermöglichen, den notwendigen sicheren Freiraum zu verschaffen, als Sparring Partner zu dienen und als «Role Model» mit gutem Beispiel voranzugehen.
Andererseits ist es auch offensichtlich, dass diese Weiterentwicklung des eigenen Mindsets keine Einbahnstrasse ist. Diese Reise kann nur erfolgreich gestaltet werden, sofern sich Unternehmen und die Mitarbeitenden aktiv dafür entscheiden. Darüber hinaus bedarf es die notwendige Hingabe, die Bereitschaft an sich selbst zu arbeiten und das Erlernte auch immer wieder in Alltagssituationen auszuprobieren.
Die Dritte und letzte Schlussfolgerung ist, dass weder Führungskräfte noch lernwillige Personen die Reise in völliger Isolation bestreiten. Daher braucht es eine Art Community, welche auf unterschiedlichste Weise zum Gelingen einer Mindset Weiterentwicklung beitragen kann. Eine solche Gemeinschaft bietet den notwendigen Raum, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und um eventuell angestauten Frust abladen zu können. Selbstredend dient eine solche Community ebenfalls zur Motivationshilfe bei schwierigen Phasen, welche auf jeder Reise zu erwarten sind.

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Meine Kollegen haben einen Blogbeitrag zum Thema «Agile validation in the context of an existing CSV V-Model framework» geschrieben.

Hier geht’s zu Teil 1 (nur auf EN verfügbar)

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Bild Fabian Thoma

Autor Fabian Thoma

Fabian Thoma ist ein erfahrener SAFe Program Consultant und Agile Coach. Als Management Consultant und Agile Coach ist er für die Kunden der adesso Schweiz AG in skalierten agilen Softwareentwicklungsumgebungen der Automobilbranche im Einsatz.

Kategorie:

Methodik

Schlagwörter:

Agile Validation

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