1. Juli 2025 von Attila Boka
Wie wendet man Agentic AI konkret an?
Dieser Artikel ist der zweite Teil unserer dreiteiligen Fachartikelserie zum Thema „Agentic AI“. Ziel ist es, ein fundiertes strategisches Grundverständnis für agentenbasierte KI-Systeme zu schaffen – als Entscheidungsgrundlage für zukünftige Investitionen und organisatorische Weiterentwicklungen. Statt technischer Details stehen nachvollziehbare Orientierungsfragen im Mittelpunkt, mit Fokus auf die Relevanz für unternehmerische Entscheidungen.
Im Rahmen dieser Serie erwarten Sie folgende Artikel, die in aufeinanderfolgender Veröffentlichung erscheinen:
1. Was ist Agentic AI und wie funktioniert sie?
2. Wie wendet man Agentic AI konkret an? (dieser Artikel)
3. Welche Use Cases gibt es für Agentic AI?
Von der Idee zur Umsetzung – wie Unternehmen Agentic AI einführen können
Der erste Artikel dieser Serie hat die konzeptionellen Grundlagen von Agentic AI erläutert. In diesem Beitrag geht es um den nächsten Schritt: den Weg von der ersten Idee bis hin zu einer realistischen Umsetzung im Unternehmen. Dabei liegt der Fokus auf den konkreten Voraussetzungen, Fragestellungen und Gestaltungsfeldern, die Unternehmen aktuell bei der Planung und Vorbereitung ihrer ersten Agentic AI-Initiativen beschäftigen. Im Zentrum stehen nicht nur technologische Anforderungen, sondern auch organisatorische Weichenstellungen, die strategische Anschlussfähigkeit an bestehende Plattformen sowie der Umgang mit neuen Rollen und Verantwortlichkeiten. Ziel ist es, eine fundierte Handlungsgrundlage für Entscheider:innen zu schaffen, um das Potenzial von Agentic AI gezielt erschliessen zu können: iterativ, skalierbar und mit Blick auf geschäftlichen Mehrwert.
Drei zentrale Einstiegsfragen: Was? Wo? Womit?
Vor einer Einführung ist es essenziell, Klarheit über die Ausgangslage, die übergeordneten Ziele und die operativen Hebel zu schaffen. Unternehmen sollten die Einführung von Agentic AI nicht als reines Technologieprojekt betrachten, sondern als Bestandteil eines umfassenden Transformationsvorhabens mit Auswirkungen auf Prozesse, Rollen, Systemlandschaften und Entscheidungslogik. Die Definition eines strategischen Ausgangspunkts bildet die Grundlage für ein tragfähiges Zielbild – unabhängig davon, ob ein erster MVP oder ein skalierter Rollout angestrebt wird. Drei zentrale Leitfragen helfen, das Vorhaben zu strukturieren und realistisch zu bewerten:
- Was soll erreicht werden? Geht es um operative Entlastung, Qualitätsverbesserung, neue Kundenerlebnisse oder langfristige Innovation? Die strategische Zielsetzung gibt die Richtung vor und hilft bei der Priorisierung sowohl für erste MVPs als auch für spätere Skalierung. Entscheider:innen sollten den konkreten Business Value sichtbar machen und kommunizieren können – auch gegenüber Budgetverantwortlichen und Umsetzungspartner:innen.
- Wo ist der Hebel am grössten? Agenten lohnen sich besonders dort, wo Prozesse repetitiv, datengetrieben, entscheidungsintensiv oder nicht vollständig deterministisch sind. Besonders in Schnittstellenprozessen mit vielen Interaktionen (z. B. zwischen Kundenkanälen, Logistiksystemen oder Fachabteilungen) entfalten Agenten ihren Mehrwert. Gleichzeitig sind diese Bereiche oft eng mit KPIs wie Durchlaufzeit, Qualität oder Kundenzufriedenheit verknüpft.
- Womit beginnen wir? Erfolgreiche Projekte starten oft in „Schattenbereichen“ – also dort, wo keine kritischen Kernprozesse betroffen sind, aber trotzdem eine sichtbare Wirkung erzielt werden kann. Das können beispielsweise interne Planungsprozesse, Reporting-Abläufe oder strukturierte Kommunikationsroutinen sein. So lassen sich Erfahrungen sammeln, technische Grundlagen etablieren und die Organisation gezielt an neue Arbeitsweisen heranführen – ohne hohe Eintrittshürden oder strategische Risiken.
Wie Agenten konkret Mehrwert schaffen – erste Zielbereiche
Agentic AI ist kein Selbstzweck. Sie entfaltet ihren Nutzen dort, wo bestehende Systeme an ihre Grenzen stossen, etwa bei Entscheidungen unter Unsicherheit oder in Situationen, in denen Prozesse nicht vollständig regelbasiert modellierbar sind. Besonders dort, wo Entscheidungslogiken über viele Abteilungen hinweg wirken oder Abläufe laufend durch neue Rahmenbedingungen verändert werden, können Agenten eine stabilisierende, steuernde und gleichzeitig lernfähige Rolle übernehmen. Sie agieren als adaptive Steuerungsschicht in Prozessen, die weder vollautomatisiert noch rein manuell effizient lösbar sind, zum Beispiel bei der Priorisierung von Anfragen, dynamischen Ressourcenentscheidungen oder datengestützten Handlungsempfehlungen im Tagesgeschäft.
Typische Zielbereiche:
- Kundenservice: Agenten können repetitive Anfragen vollständig übernehmen und gleichzeitig komplexere Fälle vorbereiten inklusive Informationsbündelung, Stimmungsanalyse oder Eskalationsvorschläge. Das erhöht die Servicequalität bei gleichzeitiger Kostensenkung.
- Beschaffung & Logistik: In der Supply Chain agieren Agenten als Frühwarnsysteme für Lieferengpässe, schlagen alternative Routen oder Lieferanten vor und können in definierten Fällen selbst Bestellungen auslösen.
- Sales & Marketing: Vertriebsagenten identifizieren potenzielle Leads aus dem CRM, werten Interaktionen aus und schlagen personalisierte Kontaktstrategien vor – datenbasiert und kontinuierlich lernend.
- Produktentwicklung: Agenten können kontinuierlich Markt-Feedback analysieren, Produktnutzung auswerten oder Entwicklungsteams bei der Priorisierung von Features unterstützen.
- Backoffice und Compliance: In Bereichen wie Rechnungsprüfung, Vertragsvalidierung oder regulatorischem Reporting ermöglichen Agenten eine datenbasierte Vorverarbeitung und entlasten Fachteams durch strukturierte Entscheidungsvorschläge.
- Workforce Management: Agenten können bei der Schichtplanung, Kapazitätsprognose oder Kompetenzverteilung unterstützen, besonders in dynamischen Umgebungen mit schwankendem Bedarf oder knappen Ressourcen.
Erfahrungsbeispiel: In laufenden Initiativen wird derzeit untersucht, wie Agenten im Bereich der Bedarfsplanung eingesetzt werden können, etwa zur dynamischen Analyse von Bestellmustern, saisonalen Schwankungen oder Lieferzeiten. Erste Resultate zeigen, dass dadurch datenbasierte, adaptive Beschaffungsprozesse entstehen, die in enger Abstimmung mit den Fachbereichen iterativ weiterentwickelt werden. Der Fokus liegt dabei auf kontinuierlichem Lernen, gezielter Automatisierung und dem Aufbau robuster Entscheidungslogiken.
Was intern gegeben sein muss: Daten, Systeme, Governance
Der Aufbau agentenfähiger Strukturen verlangt nicht nur technische Infrastruktur, sondern auch Klarheit über Datenzugänge, Entscheidungslogiken, Sicherheitsanforderungen und Verantwortlichkeiten. Die Fähigkeit, Agenten erfolgreich einzuführen, hängt wesentlich davon ab, wie gut Daten, Systeme und organisatorische Steuerung aufeinander abgestimmt sind.
- Datenlage: Verfügbarkeit, Qualität und Aktualität der Daten sind kritische Erfolgsfaktoren. Agenten müssen in Echtzeit auf relevante Informationen zugreifen können – strukturiert (z. B. Produktdaten, Stammdaten) und unstrukturiert (z. B. E-Mails, Tickets). Zusätzlich braucht es ein Minimum an semantischer Beschreibung, damit Agenten Kontext verstehen können.
- Systemlandschaft: Eine flexible, API-basierte IT-Architektur ist ein grosser Vorteil. Legacy-Systeme mit abgeschotteten Schnittstellen oder unzureichender Dokumentation bremsen Agenten aus oder machen den Einsatz wirtschaftlich unattraktiv. Wichtig sind dabei nicht nur APIs, sondern auch ein klares Verständnis, wie Datenflüsse orchestriert und kontrolliert werden können.
- Governance: Verantwortlichkeiten für die Agentenentwicklung, das Monitoring und die Ergebnisvalidierung müssen klar geregelt sein. Ohne nachvollziehbare Steuerungsmechanismen drohen Kontrollverlust und mangelndes Vertrauen. Auch Aspekte wie Auditierbarkeit, Versionskontrolle und Entscheidungsprotokollierung sollten frühzeitig mitgedacht werden.
- Zugriffs- und Rechtekonzepte: Agenten benötigen definierte Zugriffsmöglichkeiten auf Systeme und Daten, jedoch im Rahmen klarer Sicherheitsvorgaben. Unternehmen sollten frühzeitig festlegen, ob Agenten als technische Nutzerrollen operieren oder, ob ein agentenspezifisches Identity & Access Management etabliert wird.
- Monitoring und Kontrollpunkte: Um Vertrauen aufzubauen und Risiken zu minimieren, müssen Kontrollpunkte eingebaut werden z. B. zur Freigabe kritischer Aktionen, zur Eskalation bei Unsicherheiten oder zur Protokollierung von Entscheidungen. Dies ist auch für die spätere Skalierung und interne Akzeptanz essenziell.
Beobachtung aus Kundeninitiativen: In heterogenen IT-Landschaften mit komplexer Systemverantwortung sehen viele Unternehmen derzeit grosses Potenzial darin, agentenfähige Betriebsmodelle aufzubauen. Besonders im Hinblick auf künftige Skalierung, Governance-Vorgaben und Integrationsanforderungen wird diese Fähigkeit als strategischer Hebel diskutiert, auch wenn konkrete Erfahrungswerte vielfach noch im Aufbau sind.
Team-Dynamik und Veränderung: Mensch und Agent im Zusammenspiel
Mit Agentic AI verschieben sich Aufgaben, Rollen und Erwartungen nicht abrupt, aber kontinuierlich und spürbar. Mitarbeitende übernehmen neue Verantwortlichkeiten, während Routinetätigkeiten zunehmend durch Agenten unterstützt oder automatisiert übernommen werden. Dabei entstehen neue Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine: Mitarbeitende entwickeln sich zu Begleitende, Anleitende und Überwachende intelligenter Systeme. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Transparenz, Interaktion und Vertrauen, sowohl beim täglichen Arbeiten als auch in der übergreifenden Steuerung agentengestützter Prozesse. Entscheidend ist, diesen Wandel aktiv zu gestalten durch klare Rollenverteilungen, gezielte Enablement-Massnahmen und eine gelebte Lernkultur.
Wichtige Aspekte:
- Akzeptanz aufbauen: Mitarbeitende müssen verstehen, wie Agenten arbeiten, wo deren Grenzen liegen und wie ihre eigene Rolle sich dadurch verändert. Ohne kommunikative Begleitung drohen Ablehnung oder Misstrauen.
- Neue Rollen schaffen: Neben klassischen Rollen wie Projektleitung oder Datenanalyse entstehen neue Funktionen wie Agent Designer, Agent Supervisor oder Agent Product Owner. Diese kombinieren technisches Verständnis mit Geschäftsprozessorientierung.
- Cross-funktionale Zusammenarbeit stärken: Die Entwicklung eines Agenten erfordert das Zusammenspiel von IT, Fachbereichen und Data-Team. Silodenken verhindert tragfähige Lösungen.
- Enablement und Schulung: Damit Agenten im Alltag wirksam eingesetzt werden können, braucht es gezielte Befähigungsmassnahmen für Fachanwender:innen – etwa in Form von Schulungen, Guidelines und interaktiven Handlungsanleitungen.
- Feedbackschleifen etablieren: Eine kontinuierliche Rückmeldung der Nutzer:innen an das Agentensystem sowie an dessen Betreuungsteam erhöht die Transparenz, verbessert die Agentenlogik und fördert die organisationsweite Akzeptanz.
- Veränderungsbereitschaft moderieren: Agentic AI verändert Aufgabenprofile und Arbeitsabläufe. Ein aktives Change Management unterstützt die kulturelle Verankerung und reduziert Widerstände gegen Automatisierungsinitiativen.
Agentic AI ist somit auch ein Katalysator für organisationales Lernen und bereichsübergreifende Innovationskultur. Indem Agenten bestehende Prozesse sichtbar machen, Entscheidungslogiken systematisch erfassen und diese kontinuierlich mit neuem Kontextwissen anreichern, fördern sie die interne Reflexionsfähigkeit von Organisationen. Gleichzeitig entstehen neue Räume für interdisziplinären Austausch zwischen IT, Fachbereichen und Governance-Funktionen. Das schafft nicht nur operative Effizienz, sondern auch Innovationsfreiräume für neue digitale Produkte, Services und Geschäftsmodelle.
Mehr erfahren Sie in unserem Webinar
Diese und weitere Themen behandeln wir vertiefend im Rahmen unseres Agentic AI-Webinars, welches im Herbst 2025 stattfinden wird. Hier finden Sie weiterführende Informationen zum Webinar und können sich direkt registrieren, um live teilzunehmen.
Realistische Planung: Pilotieren, skalieren, verankern
Agentic AI unterscheidet sich nicht grundlegend von anderen unternehmensweiten Innovationsvorhaben, ausser einer entscheidenden Besonderheit: Sie wirkt gleichzeitig technologisch, prozessual und kulturell. Entsprechend gelten bewährte Transformationsprinzipien. Statt auf disruptive Umstellung zu setzen, empfiehlt sich ein iteratives Vorgehen mit Pilotcharakter, realistischen Zielbildern und klarer Skalierungsperspektive. Frühzeitig definierte Etappen helfen, Risiken zu begrenzen, Erfahrungswerte aufzubauen und die organisationale Veränderungsfähigkeit nachhaltig zu stärken.
Empfohlene Schritte:
- Pilotierung: Auswahl eines Use Cases mit begrenztem Risiko, hoher Sichtbarkeit und vorhandenem Datenzugang. Der Fokus liegt auf funktionaler Machbarkeit und Feedback des Fachbereichs. Erste Agenten sollten gezielt so gestaltet sein, dass konkrete Lernerfahrungen für die Organisation entstehen, technisch wie organisatorisch. Auch das Stakeholder-Feedback sollte systematisch ausgewertet werden, um frühzeitig Akzeptanzhemmnisse oder Designschwächen zu erkennen.
- Skalierung: Ausweitung des Agentenmodells auf ähnliche Prozesse oder parallele Organisationseinheiten. Wichtig: Architektur und Governance mitwachsen lassen. Dabei lohnt es sich, frühzeitig ein internes Agenten-Portfolio aufzubauen mit standardisierten Bewertungskriterien, Ressourcenplanung und einer übergreifenden Verantwortungsstruktur (z. B. Agent Owner oder Betriebsverantwortliche).
- Verankerung: Aufbau eines standardisierten Agenten-Frameworks, inkl. Betriebsmodell, Performance-Kennzahlen, Rechtemanagement und Weiterentwicklungszyklen. Hierzu zählt auch die Etablierung von Monitoring und Auditprozessen, sowie von Regelwerken für Updates, Eskalation und Training. Erfolgreiche Unternehmen nutzen diese Phase, um die Agentic AI-Strategie als integralen Bestandteil der digitalen Wertschöpfung zu etablieren – abgestimmt auf Unternehmensziele, Regulatorik und kulturellen Wandel.
Das Ziel: eine nachhaltige, unternehmensweite Fähigkeit zur Entwicklung, Steuerung und Nutzung agentenbasierter Automatisierung mit klaren Verantwortlichkeiten, verankerter Governance und der Fähigkeit, neue Agentenrollen flexibel in die operative Realität zu integrieren. Damit wird Agentic AI nicht nur als Einzellösung, sondern als strategische Kompetenz innerhalb der Gesamtorganisation etabliert.
Bestehende Investitionen nutzen: Conversational AI als Brücke
Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren Erfahrung mit Conversational Interfaces gesammelt – etwa in Form von Chatbots oder Copilot. Diese Lösungen eignen sich hervorragend als Ausgangspunkt für Agentic AI, insbesondere weil sie bereits erste Bausteine für Kontextverständnis, Dialogführung und automatisierte Reaktionen enthalten. Der Schritt von einem reaktiven Bot zu einem zielgerichteten, agierenden Agenten ist zwar technologisch anspruchsvoll, aber konzeptionell anschlussfähig, insbesondere, wenn bereits APIs, Nutzungsdaten und Zugriffskonzepte vorhanden sind.
Der Mehrwert liegt nicht nur in der Wiederverwendung bestehender technischer Komponenten, sondern auch in der organisatorischen Lernkurve: Teams haben gelernt, mit KI-basierten Systemen zu arbeiten, Anforderungen zu formulieren und Grenzen zu erkennen. Genau hier kann Agentic AI ansetzen durch die Erweiterung bestehender Fähigkeiten um proaktive Handlungslogik, Zielverfolgung und kontinuierliches Lernen. So entsteht aus einer „sprechenden Oberfläche“ ein operativ handlungsfähiger Agent, der bestehende Dialogsysteme sinnvoll ergänzt und strategisch erweitert.
- Technische Grundlage nutzen: Bestehende APIs, Intent-Strukturen oder Logging-Systeme lassen sich oft in agentenbasierte Architekturen überführen. Auch bestehende Workflow-Logiken und Datenschnittstellen aus Chatbots können als Basis für erste Agentenfunktionen dienen.
- Nutzerakzeptanz ist bereits da: Kund:innen und interne Nutzende sind an dialogorientierte Interaktionen gewöhnt – was die Einführung neuer agentenbasierter Funktionen erleichtert. Diese Gewöhnung reduziert nicht nur den Schulungsaufwand, sondern schafft eine niedrigere Schwelle für das Testen neuer Funktionen im realen Betrieb.
- Daten für Weiterentwicklung nutzen: Interaktionsdaten aus bisherigen Bot-Systemen liefern wertvolle Trainingsdaten für das Agentenverhalten, etwa zur Priorisierung, Klassifikation oder Eskalation. Darüber hinaus lassen sich daraus auch Metriken ableiten, um Agentenleistung über Feedbackschleifen gezielt zu verbessern.
- Schrittweise Erweiterung möglich: Unternehmen können bestehende Bot-Setups iterativ in agentenähnliche Systeme überführen, zunächst mit einfachen Entscheidungslogiken, später mit zunehmender Zielorientierung, adaptivem Verhalten und Autonomiegrad.
- Frontend bleibt stabil: Für Endanwender:innen bleibt die gewohnte Bedienoberfläche erhalten, auch wenn im Hintergrund komplexere Agentenfunktionen greifen. Das erleichtert den Übergang und erhöht die Akzeptanz bei den Nutzenden.
- Organisatorisches Lernen nutzbar machen: Die Einführung und der Betrieb von Chatbots haben bereits interne Verantwortlichkeiten, Supportprozesse und Technologiestandards etabliert. Ein Fundament, das sich für agentenbasierte Erweiterungen direkt weiterverwenden lässt.
„Lessons Learned“ aus Kundenprojekte
Erfolgreich war, wer Conversational AI nicht als isolierten Kommunikationskanal betrachtet, sondern in ein übergreifendes Architektur- und Governance-Design integriert hatte. Damit wurden Grundlagen geschaffen, um später komplexere Agentenrollen datenbasiert und sicher zu etablieren. In solchen Ansätzen wird Conversational AI nicht nur als Dialogschnittstelle verstanden, sondern als lernfähiger Einstiegspunkt für agentische Handlungssysteme. Teams, die frühzeitig operative Rückkopplung mit Nutzenden, Monitoring-Prozesse und Integrationslogiken etablierten, konnten die Entwicklung in Richtung Agentic AI signifikant beschleunigen – technisch, organisatorisch und strategisch.
Praxis-Tipps
Eine einfache Bewertungsmatrix (Datenverfügbarkeit, Prozessreife, Regulierungsdruck, Business Impact) hilft bei der Auswahl eines geeigneten Pilotprozesses. Sie kann dazu beitragen, strategisch tragfähige Vorhaben zu priorisieren, Erwartungen gegenüber Stakeholdern zu steuern und Abstimmungen mit Architektur- oder Budgetverantwortlichen gezielter vorzubereiten. Gerade in der frühen Planungsphase ermöglicht sie eine strukturierte Diskussion darüber, welcher Use Case sowohl technisch umsetzbar als auch organisatorisch anschlussfähig ist – ein wichtiger Schritt, um spätere Reibungsverluste zu vermeiden.
Für strategische Entscheider:innen: Bewerten Sie frühzeitig die Integrationsfähigkeit in Ihre bestehende Plattformarchitektur und den Einfluss auf zentrale IT Governance-Vorgaben. Auch finanzielle Auswirkungen, wie Effizienzsteigerung durch Automatisierung oder Reduktion von Prozesskosten spielen eine zentrale Rolle, besonders für CFOs. Darüber hinaus sollten Fragen der Skalierbarkeit, strategischen Steuerbarkeit und Auswirkungen auf KPIs, wie Time-to-Market, OPEX oder Kundenzufriedenheit in die Bewertung einbezogen werden. Für CEOs und CDOs ist zudem entscheidend, wie Agentic AI zur Gesamtstrategie beiträgt, etwa durch Innovationsgeschwindigkeit, Marktdifferenzierung oder Ressourcenumverteilung in der Organisation.
Für Fachbereiche: Achten Sie darauf, welche Entscheidungen durch Agenten unterstützt werden können – und wie viel Kontrolle oder Transparenz dabei notwendig ist. Es ist wichtig zu klären, welche Aufgaben delegiert werden dürfen, wie die Rückkopplung zum Menschen erfolgen soll und wo Entscheidungsbefugnisse verbleiben müssen. Business-Leads sollten zudem analysieren, wie sich agentenbasierte Abläufe auf Kundenerlebnis, Servicequalität oder Time-to-Market auswirken können. Ebenso sollten sie prüfen, wie Agentic AI bestehende Rollenprofile ergänzt oder verändert und welche Anforderungen daraus an Schulung, Change-Management oder Betriebsmodelle entstehen.
Fazit und Ausblick: vom Experiment zur strategischen Komponente
Agentic AI entwickelt sich rasch von einem Innovationsfeld zum geschäftskritischen Bestandteil einer Unternehmens-Infrastruktur. Unternehmen, die rechtzeitig organisatorische und technologische Voraussetzungen schaffen, können nicht nur Prozesse verbessern, sondern ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern.
Drei Empfehlungen zum Abschluss:
- Schaffen Sie Klarheit über den Agentic AI-Reifegrad in Ihrer Organisation – technisch, organisatorisch und kulturell.
- Beginnen Sie mit einem tragfähigen Pilotprojekt, das sichtbaren Mehrwert schafft und intern Vertrauen aufbaut.
- Denken Sie in Strukturen: Governance, Wiederverwendbarkeit und Skalierbarkeit müssen von Anfang an mitgedacht werden.