30. August 2018 von Uwe M. Schirmer
Die Zukunft der Infrastruktur in der Banken-IT: Wer sich nicht anpasst wird verschwinden
Die Welt wandelt sich – auch für Banken
Die Digitalisierung ändert alles! Im Rahmen der Industrialisierung wurden Arbeitsabläufe beispielsweise zunehmend vereinfacht, zerlegt und normiert. Arbeitnehmer wurden zu spezialisierten „Aufgabenerfüllern“, die durch einen Vorarbeiter gesteuert und mit Arbeitsaufträgen versorgt wurden. Man könnte vermuten, dass sich diese Aufteilung auch in der IT wiederfindet und nur der Begriff „Vorarbeiter“ durch „Projektleiter“ ersetzt wurde. Allerdings ist Softwareentwicklung keine Fließbandarbeit, sondern sie ähnelt eher einem kreativen Prozess.
Dementsprechend möchten Entwickler Software nicht nach einem strikten Bauplan „zusammenbauen“. Vielmehr möchten sie ihr Wissen in die Entstehung des „Produkts“ einbringen und ihr Arbeitsumfeld mitgestalten.
Auch Kunden sind in der digitalisierten Welt nach und nach zu Digital Natives herangewachsen und bringen ein immer größeres Verständnis für Computer, Anwendungsprogramme und die Möglichkeiten einer digital vernetzten Welt mit. Ihr kennt es sicherlich: Es ist nicht immer einfach, dem Kunden zu erklären, warum er beispielsweise mit Paypal in Echtzeit bei einem Online-Händler bezahlen kann, eine Überweisung im Onlinebanking aber erst nach zwei Tagen gebucht wird. Für Kunden ist es auch nicht immer nachvollziehbar, warum bei der einen Bank ein Kredit in Echtzeit mit Identifikationsfeststellung per Video in ein paar Minuten bewilligt wird, während eine andere Bank die Vertragsunterlagen in Papierform verschickt und auch fehlende Belege später nur per Post nachfordert.
Bei Bankkunden, aber auch bei den eigenen Mitarbeitern hat also ein gewisser Wandel stattgefunden, der sich, wie ihr gesehen habt, vor allem in gesteigerten Erwartungen ausdrückt. Dementsprechend solltet ihr als Finanzdienstleister euer Angebot sowie eure Prozesse auch in diesem Kontext anpassen, wenn ihr am Markt bestehen möchtet.
Eine dynamische Welt braucht flexible Modelle
Aber was haben veränderte Erwartungen und Ansprüche von Kunden und Mitarbeitern mit der IT-Infrastruktur einer Bank zu tun?
Viele Unternehmen setzen heute schon auf agile Methoden wie Scrum, Kanban und Extreme Programming (XP) – letzteres bezeichnet eine Methode, die das Lösen einer Programmieraufgabe und nicht das formale Vorgehen in den Vordergrund stellt. Durch den Einsatz solcher Methoden könnt ihr vor allem die Selbstorganisation eurer Mitarbeiter fördern und sie stärker in die Prozesse rund um die Entstehung neuer Software einbinden. Einerseits werden Mitarbeiter so besser gefördert, andererseits steigt dadurch ihre Motivation. Dieses Konzept solltet ihr euch als Banken und Finanzdienstleister auch auf die Agenda schreiben, wenn es um die Entwicklung von IT-Projekten geht.
Wie ihr wisst, zerlegen agile Methoden die Entwicklung in kleinere Iterationen, um dem Kunden die einzelnen Zwischenergebnisse schneller zugänglich zu machen. Die Konzentration auf die wesentlichen Merkmale sorgt dafür, dass die wichtigsten Features zuerst entwickelt werden. Durch eine häufigere Überprüfung werden Mängel, Probleme oder falsch verstandene Anforderungen früher erkannt und können behoben werden, bevor die Entwicklung abgeschlossen ist. Mit diesem Vorgehen kommt ihr auch euren Kunden entgegen, denn sie erhalten einen schnelleren Zugriff auf Verbesserungen oder neue Angebote.
Dazu ist ein Umdenken in der Projektplanung notwendig – also weg von der detaillierten Planung eines Projekts bis zum letzten Arbeitsschritt und hin zu einem agilen Ansatz. Nur mit agilen Methoden könnt ihr nämlich direkt von Anfang an das Kunden-Feedback in euren Entwicklungsprozess einbauen und die bereits erzielten Fortschritte permanent auf Kundentauglichkeit testen. Das geht aber nur, wenn ihr das Thema ganzheitlich angeht und von Beginn an alle beteiligten Disziplinen – vom Produktmanagement über die Entwicklung bis hin zu Betrieb und Wartung – mit einbezieht und auch die IT-Infrastruktur an die neuen Anforderungen anpasst.
Die Infrastruktur ist die Basis der IT
Mit der IT-Infrastruktur ist ein Unterbau definiert, der für die Entwicklung und den Betrieb von Anwendungssoftware nötig ist. Allerdings ist es auch oft dieser Unterbau, der eine gutgemeinte Transformation der Banken-IT hin zu agilen Methoden und Vorgehensweisen am Ende scheitern lässt. Wenn ihr nämlich agil arbeitende Entwickler durch eine unpassende und unflexible Infrastruktur permanent so stark ausbremst, dass agile Vorgehensweisen keine Vorteile bieten, frustriert das eure Mitarbeiter mehr, als in einem klassischen Vorgehen von außen gesteuert zu werden.
Es bringt also nichts, wenn euer Team in kurzen Iterationen funktionsfähige Software entwickelt, die dann allerdings wochenlang „herumliegt“, bis sie endlich auf einem Server präsentiert und bewertet werden kann. Noch frustrierender ist es allerdings für eure Entwickler, wenn euer Team gar keine funktionsfähige Software fertig bekommt, weil die Testinfrastruktur den kurzen Testzyklen nicht gewachsen ist oder die notwendigen Änderungen zu lange dauern.
Eine moderne IT-Infrastruktur muss also flexibel und schnell auf sich ändernde Anforderungen reagieren, ohne dabei den Sicherheitsaspekt zu vernachlässigen. Hier haben sich vor allem Cloud-Ansätze bewährt. Diese berücksichtigen heutzutage auch bereits die strengen Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen, wie sie im Bankenumfeld in Deutschland gefordert werden. Auch für die kurzen Release- und Deployment-Zyklen in Entwicklung und Betrieb gibt es Ansätze – etwa Container-Virtualisierung – die sich gut automatisieren lassen.
Eure interne IT-Abteilung kann euch mit Sicherheit mehrere gute Lösungen für das kontinuierliche Bauen und Integrieren von Komponenten eurer Anwendungen nennen. Das Ganze muss auch nicht teuer sein, denn gute Lösungen sind heute auch als Open Source kostenlos und in guter Qualität erhältlich.
Fazit
Viele Unternehmen aus der Banken- und Finanzbranche haben es inzwischen verstanden, dass sich Software nicht bis ins letzte Detail im Voraus planen lässt. Dazu ist Software zu abstrakt und besteht aus zu vielen veränderlichen Bausteinen, die voneinander abhängig sind und sich während des Entstehungsprozesses weiterentwickeln. Die Endnutzer einer Software wissen oft erst was sie wirklich brauchen oder auch nicht brauchen, wenn sie die fertige Software testen oder in Betrieb nehmen. Umso wichtiger ist es, dass alle an der Entwicklung von Software beteiligten Bereiche entsprechend flexibel und anpassungsfähig sind. Ansonsten kann es schnell passieren, dass ihr über kurz oder lang von der Konkurrenz überholt werdet. Setzt ihr gleichzeitig noch auf agile Vorgehensmodelle, schafft ihr auch für eure Entwickler ein Umfeld, in dem sie sich verwirklichen können und zufriedener sind.
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