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Requirements Engineering ist eine erfolgskritische Disziplin in der Softwareentwicklung, durch die erreicht wird, dass die Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche der Stakeholder erhoben, verstanden, dokumentiert und validiert werden können. Dadurch bietet das Requirements Engineering die Grundlage für den gesamten Entwicklungsprozess und dient der eindeutigen Zieldefinition, Vermeidung von Fehlentwicklungen, einer besseren Projektplanung und der Minimierung von Projektrisiken.

Es stellt sich die Frage: „Wie erreichen wir, dass uns unser Requirements Engineering diese Grundlagen für den Projekterfolg bietet?”

Dieser Beitrag beantwortet diese Frage aus Sicht der Anforderungs-Ermittlung und beschreibt, wie Sie Ihre Kund:innen systematisch begeistern können.

Die verschiedenen Erfolgsfaktoren Ihres Projekts

Anforderungen werden in den meisten Projekten in funktionale und nicht funktionale Anforderungen, sowie in Randbedingungen unterteilt. Diese Unterteilung ist korrekt und auch notwendig, aber leider bietet sie uns keine wirkliche Hilfe, wenn es darum geht, die passenden Ermittlungstechniken für unser Projekt auszuwählen.

Bevor wir die geeigneten Ermittlungstechniken definieren, müssen wir eine Grundlage schaffen, nach der die Anforderungen gliedert werden können. Denn die unterschiedliche Ausgestaltung der Anforderungen bedingt spezifischer Ermittlungstechniken, die im nachfolgenden Abschnitt erläutert werden.

Hierfür nutzen wir das Kano-Modell. Es ermöglicht uns die Kategorisierung der Anforderungen in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren:

Basisfaktoren:

  • Basisfaktoren sind oft unbewusste Anforderungen und werden als selbstverständlich angesehen
  • Die Nichterfüllung dieser Anforderungen führt zur Unzufriedenheit der Stakeholder
  • Die Stakeholder lassen sich auch durch eine hohe Abdeckung dieser Anforderungen nicht begeistern, da sie als Standard angesehen werden

Leistungsfaktoren:

  • Dies sind Anforderungen, die die Zufriedenheit der Stakeholder proportional zu ihrem Erfüllungsgrad steigern
  • Je mehr Leistungsanforderungen erfüllt werden, desto höher ist die Zufriedenheit der Stakeholder, je weniger erfüllt werden, desto kleiner die Zufriedenheit
  • Diese Anforderungen werden nicht als selbstverständlich angesehen und sind meist bewusste Anforderungen, die explizit von den Stakeholdern gefordert werden

Begeisterungsfaktoren:

  • Dies sind Anforderungen, die bei der Erfüllung zu einer hohen Zufriedenheit der Stakeholder führen
  • Ähnlich wie bei den Basisfaktoren sind Begeisterungsfaktoren unbewusste Anforderungen, die von den Stakeholdern nicht explizit gefordert werden
  • Je mehr Begeisterungsanforderungen erfüllt werden, desto grösser ist die Begeisterung der Stakeholder
Kundenzufridenheit Diagram

Dazu ein Beispiel:

Wir haben den Auftrag erhalten, ein neues Automodell zu entwickeln. Dabei möchten wir unsere Anforderungen nach dem Kano-Modell gliedern.

Mögliche Basisfaktoren, die bei der Anforderungsermittlung von den Stakeholdern nicht gefordert werden, da sie selbstverständlich scheinen, deren Nicht-Erfüllung aber einen erheblich negativen Einfluss auf unser Modell hätte, wäre beispielsweise, Gaspedal und Bremsen zu vergessen, oder sogar die Rück- und Seitenspiegel unerwähnt zu lassen.

Zu erwartende Leistungsfaktoren, die unsere Stakeholder bewusst fordern, könnten eine hohe Reichweite pro Tankfüllung/Akkuladung, oder eine schnelle Beschleunigung von 0 auf 100 km/h sein.

Ein möglicher Begeisterungsfaktor, also ein Extra, mit dem unsere Stakeholder gar nicht gerechnet haben, da sie sich dessen Existenz gar nicht bewusst waren, wäre beispielsweise ein Parkassistent, der selbstständig einen freien Parkplatz sucht und das Auto parkt, nachdem der oder die Fahrer:indas Auto nahe des Gebäudeeingangs bereits verlassen hat.

Die Ermittlungstechniken

Das Requirements Engineering wendet verschiedene Techniken an, um Anforderungen zu ermitteln. Dabei wird grundsätzlich zwischen der Erhebung von Anforderungen und der Entwurfs- und Ideenfindung unterschieden.

Ermittlungstechniuk

Die geeigneten Ermittlungstechniken finden

ür den Erfolg eines Projekts ist die Auswahl der geeigneten Ermittlungstechniken von entscheidender Bedeutung. Im folgenden Abschnitt werden die Ermittlungstechniken den verschiedenen Faktoren des Kano-Modells zugeordnet.

Das Kano-Modell beschreibt, dass es sich bei den Basisfaktoren und den Begeisterungsfaktoren meist um unbewusste Anforderungen handelt. Die Basisfaktoren werden als selbstverständlich betrachtet und deshalb oft nicht explizit erwähnt, während die Stakeholder über die Begeisterungsfaktoren oft noch gar keine Kenntnis haben, und sie deshalb gar nicht explizit fordern können. Genau deshalb ist bei der Ermittlung dieser unbewussten Anforderungen die Unterstützung durch gut ausgebildete RE-Expertinnen und –Experten der Schlüssel zum Erfolg.

Die Leistungsfaktoren hingegen sind Anforderungen, derer sich unsere Stakeholder bewusst sind und die explizit gefordert werden.

Ein gutes Requirements Engineering zeichnet sich dadurch aus, dass die Anforderungsermittlung alle diese 3 Faktoren berücksichtigt und dafür geeignete Methoden anwendet.

Ermittlungstechnik

Um Basisfaktoren zu ermitteln, bieten sich speziell die Feldbeobachtung und das Apprenticing an. Dabei können unbewusste Anforderungen ermittelt werden, die durch eine reine Befragung oder durch Workshops nicht erkannt werden würden. Zusätzlich können bestehende Systeme und Dokumentationen sowie eine Feedback-Analyse wichtige Inputs liefern.

Leistungsfaktoren können durch Befragungs-, Kollaborations- und Artefakt-basierte Techniken ermittelt werden. Diese Anforderungen sind bewusste Anforderungen und können gut mit Interviews, Fragebogen, Workshops und Crowd-basierten RE-Techniken ermittelt werden. Gleich wie bei den Basisfaktoren kann auch hier auf das bestehende System und dessen Dokumentation zurückgegriffen werden.

Die Ermittlung von Begeisterungsfaktoren kann sich als anspruchsvoller herausstellen als die Ermittlung der Basis- und Leistungsfaktoren. Hier kommt es auf Kreativität oder auch das Erstellen von Designs an. Anhand dieser Techniken können schnell neue und innovative Ideen generiert und getestet werden. Dadurch wird ermöglicht, dass das Produkt oder die angebotene Dienstleistung sich von der Konkurrenz abheben kann und so einen Wettbewerbsvorteil schafft.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Ermittlungstechnik zwar besonders hilfreich für die Ermittlung von einer Art der im Kano-Modell beschriebenen Faktoren ist, jedoch muss sie nicht darauf beschränkt werden. Es kann ratsam sein, Kreativtechniken wie Brainstorming ebenfalls bei der Ermittlung von Basis- und Leistungsfaktoren einzusetzen.

Fazit

Ein guter Mix der passenden Ermittlungstechniken ist für den Projekterfolg entscheidend. Basisfaktoren müssen zuverlässig erfasst und erfüllt werden, während Leistungs- und Begeisterungsfaktoren durch interaktive und kreative Methoden identifiziert werden. Die korrekte Anwendung der Ermittlungstechniken, ist jedoch genauso erfolgskritisch wie die Auswahl der passenden Technik selbst, wenn es darum geht, Stolpersteine zu vermeiden und das Projekt zum Erfolg zu führen.

Setzen Sie deshalb auf fundiertes Requirements Engineering, das die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern begeistert! Sichern Sie sich heute den Vorsprung von morgen – gemeinsam mit unseren Spezialistinnen und Spezialisten.

Bild Simon Meier

Autor Simon Meier

Simon Meier arbeitet seit 2019 als Business Consultant für adesso Schweiz und hat als Business Analyst und Projekt Manager bereits verschiedene klassische und agile Projekte umgesetzt. Dabei konnte er sein methodisches und fachliches Wissen stetig weiterentwickeln und hat seine Projekte durch individuelle Lösungsansätze zum Erfolg geführt.

Kategorie:

Branchen

Schlagwörter:

Requirements Engineering