19. November 2025 von Uwe Müller
Von Big Data zu Smart Data: Intelligente Kundenansprache für Versicherer
Im digitalen Zeitalter entstehen für Versicherer enorme Chancen: Spannend ist besonders, wie Big-Data-Analysen bereits vor dem Kontakt relevante Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden identifizieren – und maßgeschneiderte Angebote rechtzeitig ausspielen. Mit den richtigen Daten und einem guten Regelwerk können automatisiert auf einzelne Kundenunternehmen abgestimmte Leads generiert werden. Dies kann zu einer Erhöhung der Cross-Selling-Quote führen – durch spartenübergreifendes Erkennen von Bedarf und einer verbesserten Response- und Conversion-Quote bei Marketingkampagnen durch personalisierte und anlassbezogene Ansprache der Kundinnen und Kunden. Dieser Blog-Beitrag beleuchtet, wie das funktionieren kann, welche Voraussetzungen nötig sind und welche konkreten Fallbeispiele dafürsprechen.
Vom Big-Data-Potenzial zur Smart-Data-Nutzung
Nicht jede Information bringt automatisch einen Nutzen. Versicherer müssen ihre Daten strukturieren, veredeln und für Hypothesen nutzbar machen, um aus „Big Data“ wirklich „Smart Data“ zu machen. Der Schlüssel ist dabei nicht nur Technologie, sondern vor allem eine datengetriebene Vision und klare Use Cases.
Aus einer Vielzahl interner (zum Beispiel Vertragsdaten, Schadenhistorie) und externer Quellen (etwa Wetterdaten, Mobilität, Social Media) lassen sich mit Hilfe von Machine Learning und Predictive Analytics präzise Vorhersagen treffen, etwa zur Frage: Wer könnte bald Bedarf an Haftpflicht, Unfall- oder Pflegepolicen haben?
Wie Versicherer Kundenbedürfnisse antizipieren
1. Verhaltens- und Lebensereignis-Analyse (Life Event Triggers)
Versicherer können durch Daten aus sozialen Netzwerken, Kaufverhalten, Online-Aktivitäten oder aus Kundeninteraktionen Bedarfe erkennen.:
- Umzug → Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung
- Hochzeit → Lebensversicherung, Haftpflicht
- Geburt eines Kindes → Krankenversicherung, Ausbildungsversicherung
- Autokauf → Kfz-Versicherung
- Jobwechsel → Berufsunfähigkeits- oder Altersvorsorgeprodukte
- Ändert sich etwa das Fahrverhalten via Telematik, kann bald ein Kfz-Zusatzversicherungsbedarf entstehen. Tools erkennen Veränderungen, bevor die Kundschaft aktiv wird.
- Frühwarnung bei Unzufriedenheit:Durch Social-Media-Feedback, Chatbot-Interaktionen oder CRM-Signale kann ein drohender Abwanderungswunsch erkannt und etwa durch ein besseres Tarifangebot adressiert werden – für eine proaktive Kundenbindung.
Beispiel: Eine Kundin oder ein Kunde schaut sich im Kundenportal eine Versicherung an, ohne dass es zu einem Abschluss kommt. Über individuelle Ansprache durch eine Vermittlerin oder einen Vermittler, Werbung oder den Hinweis auf eine laufende Aktion könnte es doch zu einem Abschluss kommen.
2. Predictive Analytics und KI-Modelle
KI-Modelle können auf Basis von Millionen Datensätzen Muster erkennen und versicherungsrelevante Ereignisse vorhersagen, zum Beispiel:
- Risiko von Berufsunfähigkeit je nach Job, Lebensstil und Gesundheitsdaten
- Unfallschwerpunktregionen anhand von Bewegungsdaten (Telematik)
- Gesundheitsverlauf und Bedarf an Pflegeversicherung (via Wearables, eHealth)
Beispiel: Ein Algorithmus erkennt, dass Kundinnen und Kunden mit einem ähnlichen Profil wie Kunde Max Mustermann in zwei Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen – und empfiehlt diese proaktiv.
3. Personalisierte, kontextbezogene Ansprache (Next Best Offer)
Moderne IT-Systeme kombinieren:
- Demografische Daten (Alter, Beruf, Einkommen)
- Bestandsdaten (welche Versicherungen sind bereits abgeschlossen)
- Externe Daten (zum Beispiel Wetter, Standort, Browsing-Verhalten)
Das ermöglicht kontextgenaue Produktempfehlungen.
Beispiel: Eine entsprechende Ansprache könnte beispielsweise lauten: „In der Nähe deines Wohnortes kam es ungewöhnlich häufig zu schweren Unwettern. Eine Elementar-Versicherung schützt dich im Notfall ab.“
Mit der in|sure Ecosphere und CRM-Expertise
Versicherungen fit für die Zukunft
adesso bietet mit der in|sure Ecosphere die Grundlage für schlanke Prozesse und eine gute Datenbasis in einer sich den Marktbedürfnissen anpassenden Software. Mit unserer Expertise im Kampagnenmanagement und der Implementierung von CRM Systemen machen sich Versicherungen bereit für die Zukunft – alles aus einer Hand.
Vorteile und Herausforderungen
Vorteile für Versicherer
Wenn die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden bekannt sind, können diese gezielt angesprochen werden. Grundsätzlich werden die Abschlussraten bei Marketingkampagnen erhöht, wenn nur interessierte Kundinnen und Kunden beworben werden. Aber auch der Negativfall ist relevant: Es werden zusätzlich die Kundinnen und Kunden identifiziert, die aktuell kein Interesse an einem bestimmten Produkt haben. Indem an diese Kundengruppe keine Werbung zu unpassenden Produkten rausgeht, sparen sich Versicherungsunternehmen Zeit und Kosten und die einzelnen Personen haben nicht das Gefühl „zugemüllt“ zu werden.
In einer Zeit, in der Vergleichsportale eine immer größere Rolle spielen, wird es schwieriger mehrere Produkte bei einem Kunden zu platzieren, da immer individuell entschieden wird, welcher Anbieter der passendste ist. Durch eine proaktive, gezielte spartenübergreifende Ansprache können Lücken im Bedarf der Kundinnen und Kunden erkannt und behoben werden – es bieten sich zusätzliche Cross- & Upselling-Chancen, bevor Kundinnen und Kunden selbst nach einer Absicherung suchen und das Produkt bei einem Mitbewerber abschließen.
Zusätzlich zu der Produktplatzierung entsteht eine stärkere Kundenbindung, da sich die Kundin oder der Kunde gut verstanden fühlt. Der Versicherer ist nicht länger passiver Anbieter einer Versicherung, sondern kümmert sich aktiv um die Kundinnen und Kunden – nicht nur im Schadenfall. Durch eine proaktive Beratung entsteht ein weiterer positiver Touchpoint in der Customer Journey.
Herausforderungen und Grenzen
Auch wenn einem alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen, kann es dazu kommen, dass ein Bedarf falsch analysiert wurde. Nicht jeder Umzug deutet auf einen neuen Versicherungsbedarf hin und auch wenn die Analyse auf Statistiken beruht, gibt es immer wieder Fälle, die nicht betroffen sind. Denn am Ende sind es viele Wahrscheinlichkeiten und keine Tatsachen, die zugrunde gelegt werden.
Häufig stehen Versicherer auch vor der Herausforderung alle relevanten Daten verfügbar zu machen. Nicht immer sind die vorhandenen Daten aktuell oder vollumfassend, vor allem wenn Kundinnen und Kunden bisher nur ein Versicherungsprodukt abgeschlossen haben. In solchen Fällen müssen die Daten zunächst erhoben und dokumentiert werden, wodurch zusätzliche Kosten und Aufwände entstehen.
Es kann unter Umständen auch dazu kommen, dass die Kundenbeziehung leidet, wenn zu „passende“ Angebote verschickt werden. Es erscheint den Kundinnen und Kunden dann so, dass sie oder er „gläsern“ ist. Damit kein unheimliches oder sogar übergriffiges Gefühl entsteht, kann man erklärbare Künstliche Intelligenz, sogenannte Explainable Artificial Intelligenz (XAI), mit einer klaren Kommunikation verbinden: „Wir analysieren Ihre Interessen, um passende Versicherungen vorzuschlagen.“
Datenschutz und Ethik
Was muss beachtet werden:
- DSGVO: Verarbeitung personenbezogener Daten nur mit Rechtsgrundlage (zum Beispiel Einwilligung oder Vertragserfüllung); Personalisierung darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen; Tracking & Datenanalyse müssen transparent sein
- Privacy by Design: Anonymisierung, Datenminimierung
- Transparenz: Kundinnen und Kunden müssen wissen, wie Daten verwendet werden
- Vertrauensschutz: Keine „gruselig genaue“ Ansprache (siehe oben)
Weiterentwicklung: Adaptive, lernende Systeme
Mit KI-gestützten Systemen ist es möglich, Kundinnen und Kunden nicht nur bedarfsgerechter, sondern auch persönlicher anzusprechen. Mit jeder Interaktion wird das System intelligenter (Reinforcement Learning) und Kundinnen und Kunden erhalten nicht nur personalisierte Angebote, sondern auch:
- Zeitpunktoptimierung (Wann ist der richtige Moment?)
- Kanaloptimierung (Push, Mail, Anruf?)
- Tonfallanpassung (etwa jung, sachlich, emotional)
Voraussetzungen und organisatorische Umsetzung
- Dateninfrastruktur und Plattformen: Moderne Datenplattformen wie Data Lakes machen Silos aufhebbar und ermöglichen automatisierte Datenauswertung über alle Quellen hinweg.
- Organisatorische Transformation: Interdisziplinäre Teams mit Data Scientists, Fachbereich und IT – in agiler Arbeitsweise – stellen die Kundenorientierung ins Zentrum der Produktentwicklung.
- KI-gestützte Modelle: Predictive Models identifizieren relevante Situationen und triggern automatisierte Produktempfehlungen, bevor die Kundin oder der Kunde aktiv wird.
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Fazit und Ausblick
Durch eine datengetriebene Strategie können Versicherer Bedarfe erkennen, bevor Kundinnen und Kunden ihn formulieren und bieten damit ein modernes, intelligentes und bedarfsorientiertes Kundenerlebnis. Voraussetzung dafür sind eine solide Datenbasis, smarte Modelle sowie eine agile Organisation.
Versicherer, die diesen Weg gehen, positionieren sich mit dem klaren Vorteil: Sie sind dort, wo die Kundinnen und Kunden ihr Interesse noch gar nicht geäußert haben.
Wir unterstützen euch!
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