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Netzbetreiber stehen unter Druck: Steigende Komplexität, regulatorische Anforderungen und der Fachkräftemangel erschweren die Betriebsführung. Gleichzeitig wachsen die Datenmengen in Betrieb und Instandhaltung exponentiell. Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet hier neue Chancen. Insbesondere Generative AI (GenAI) kann dabei helfen, Wissen schneller zugänglich zu machen, Prozesse zu automatisieren und datenbasierte Entscheidungen zu unterstützen. Dieser Beitrag zeigt anhand von Use Cases aus den Bereichen Dokumentation, Wartungsplanung und Planungsprozesse, wie KI den Netzbetrieb konkret stärkt.

KI im Netzbetrieb: mehr als Automatisierung

KI wird nicht als Selbstzweck, sondern zur gezielten Entlastung im Netzbetrieb eingeführt. Machine Learning liefert Prognosen und erkennt Muster in großen Datenmengen. GenAI ergänzt diese Fähigkeiten um Sprachverständnis, semantische Analyse und Interaktion. Durch das Zusammenspiel dieser Technologien entstehen praxisnahe Lösungen – von der automatisierten Störungsanalyse bis hin zum virtuellen Assistenten, der Fachwissen kontextbezogen bereitstellt.

Use Case 1: Dokumentation und Wissen verfügbar machen

Technische Dokumentationen sind zwar wertvoll, aber oft nur schwer nutzbar: Protokolle, Whiteboard-Fotos, Prüfberichte und E-Mails liegen in unterschiedlichen Formaten und an verschiedenen Orten vor. KI-gestützte Pipelines verwandeln diese unstrukturierten Informationen in durchsuchbares Wissen.

  • OCR und Klassifikation erfassen Texte auch aus Scans oder Bildern.
  • LLMs generieren strukturierte Ergebnisse wie Aufgabenlisten, Tabellen oder Zusammenfassungen.
  • Semantische Suche ermöglicht Abfragen wie „Welche Stationen hatten im letzten Jahr wiederholt Störungen?“

Ein internes Q&A-System auf Basis von GenAI kann so Antworten direkt aus Wartungsprotokollen und Störungsberichten liefern. Das spart Zeit, reduziert Doppelarbeit und schafft Transparenz über den Zustand des Netzes.

Use Case 2: Vorausschauende Instandhaltung

Störungen sind teuer, sowohl was den operativen Aufwand als auch die Versorgungsunterbrechungen betrifft. KI unterstützt Netzbetreiber dabei, Risiken frühzeitig zu erkennen und Wartungen besser zu planen. Machine-Learning-Modelle analysieren Sensorwerte, Zustandsdaten und Historien. GenAI erklärt die Ergebnisse in natürlicher Sprache und verknüpft sie mit Handlungsempfehlungen.

Ein typisches Szenario:

Ein Transformator weist steigende Temperaturabweichungen auf. Das System meldet:

Station T4 hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 42 Prozent in den nächsten drei Monaten. Empfehlung: priorisierte Wartung im Q3.

Technisch basiert dieser Prozess auf einer Kombination aus Health Scores (Gesundheitszustand), Failure Probability (Ausfallwahrscheinlichkeit) und Impact Forecasts (Ausfallauswirkung). Das Ergebnis ist ein priorisiertes Wartungsprogramm, das Ressourcen effizient einsetzt und Ausfälle minimiert.


GenAI in der Energiewirtschaft

GenAI ist der Treiber der Energiewende. Mit ihrer Hilfe können Energieversorger effizienter werden, ihre Prozesse transformieren und Innovationen vorantreiben.

adesso unterstützt euch mit gezielten Angeboten – vom schnellen Einstieg via Quick Check bis hin zu maßgeschneiderten Workshops, Use-Case-Frameworks und der GenAI Factory. So gelingt der Einstieg in Generative AI sicher, effizient und praxisnah.

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Use Case 3: Genehmigungen und Planungen absichern

Auch in formalen Prozessen kann KI Unterstützung bieten. So prüfen GenAI-Systeme beispielsweise Bauunterlagen, Netzanschlussanträge oder Planungsdokumente auf Vollständigkeit und Konsistenz. So kann ein KI-System beispielsweise automatisch erkennen, wenn Leistungsangaben in Text und Schaltplan nicht übereinstimmen, und entsprechende Hinweise für die Bearbeitung geben.

Durch die Integration in bestehende Prozesse werden Prüfungen schneller durchgeführt, Dokumentationen sind vollständiger und die Qualität der Planungsunterlagen steigt.

Praxisbeispiel: Value Based Maintenance – übertragbar auf den Netzbetrieb

Ein aktuelles Referenzprojekt zeigt, wie KI-basierte Wartungslösungen funktionieren können: Gemeinsam mit RWE Generation wurde ein Value Based Maintenance (VBM)-System entwickelt, das den optimalen Wartungszeitpunkt berechnet.

Das Herzstück ist ein zentrales Dashboard („Single Source of Truth“), das drei zentrale Services bündelt:

  • Health Score Service – beschreibt den aktuellen Zustand einzelner Komponenten.
  • Failure Probability Service – prognostiziert die Eintrittswahrscheinlichkeit von Störungen.
  • Failure Impact Service – bewertet die Auswirkungen eines möglichen Ausfalls,zum Be in Kosten oder Versorgungssicherheit.

Ergänzt wird das System durch mobile Apps zur Befunddokumentation sowie einen virtuellen Assistenten, der Fragen zu Wartungsstatus, Ursachen oder Berechnungslogik in Echtzeit beantwortet.

Während dieses Projekt zunächst im Anlagenbetrieb umgesetzt wurde, lässt sich das Prinzip eins zu eins auf den Netzbetrieb übertragen:

  • Ortsnetzstationen können anhand von Health Scores priorisiert werden.
  • Kritische Betriebsmittel werden gezielt überwacht.
  • Virtuelle Assistenten unterstützen Techniker und Disponenten im Tagesgeschäft.

Das Resultat: höhere Transparenz, bessere Ressourcenallokation und ein messbarer Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Erfahrt mehr über dieses Projekt

Fazit: Schrittweise starten, Nutzen sichtbar machen

KI im Netzbetrieb ist keine Zukunftsmusik mehr. Von der Dokumentation über die Instandhaltung bis hin zur Planung gibt es bereits heute konkrete Einsatzfelder, die einen messbaren Mehrwert bieten. Entscheidend ist ein pragmatischer Einstieg mit kleinen Pilotanwendungen, die schnell einen Nutzen bringen und anschließend skaliert werden können.

Mit „Value Based Maintenance” existiert bereits ein erprobtes Modell, das zeigt, wie KI datenbasierte Wartung erfolgreich unterstützt. Übertragen auf den Netzbetrieb eröffnet dies enorme Potenziale für mehr Effizienz, geringere Kosten und eine höhere Versorgungssicherheit.


Wir unterstützen euch!

Gemeinsam setzen wir KI im Netzbetrieb um. Von der Analyse deiner Datenlandschaft über die Entwicklung passender KI-Use-Cases bis hin zur Integration in bestehende Prozesse – adesso begleitet dich Schritt für Schritt.

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Bild Stephen Lorenzen

Autor Stephen Lorenzen

Stephen Lorenzen ist Managing Consultant und seit fast sechs Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Er versteht sich als pragmatischer und interdisziplinärer Allroundberater mit mehrjähriger Berufserfahrung in den Bereichen Innovationsmanagement, Requirements Engineering sowie klassischem und agilem Projektmanagement.