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Die fortschreitende Digitalisierung verändert die Wirtschaft grundlegend – genauso wie die steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und die näher rückenden Klimaziele vieler Unternehmen und Staaten bis 2050. Was bislang häufig getrennt betrachtet wurde, wächst seit einigen Jahren zunehmend zu einem integrierten Transformationspfad zusammen – der Twin Transformation. Gerade in der aktuellen weltweiten Lage, in der Nachhaltigkeit mancherorts an Priorität verliert, sind Synergien umso wertvoller. Hinter dem Begriff der Twin Transformation steckt die Erkenntnis, dass digitale Innovationen eine zentrale Grundlage und gleichzeitig Chancen schaffen, um ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltiger zu wirtschaften. Nachhaltigkeitsziele sollen dabei als Orientierung für sinnvolle und zukunftsfähige Digitalisierungsinitiativen dienen – gerade auch im Hinblick auf den Einsatz von KI.

Doch wie gelingt dieser doppelte Wandel konkret?

Was ist Twin Transformation?

Twin Transformation bedeutet, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gleichzeitig, abgestimmt und wechselseitig verstärkend umzusetzen. Dabei geht es nicht nur darum, digitale Prozesse effizienter oder ressourcenschonender zu gestalten, sondern auch, Nachhaltigkeit aktiv durch technologische Mittel voranzutreiben. Zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit bestehen unterschiedliche Zielbeziehungen, siehe Abbildung 1. Dabei kann eine fortschreitende Digitalisierung komplementäre, konkurrierende oder neutrale Beziehungen zur Nachhaltigkeit aufweisen. Während konkurrierende Beziehungen – wie beispielsweise der erhöhte Bedarf an Energie der Rechenzentren – eine negative Auswirkung auf die Nachhaltigkeit haben können, stellen komplementäre Beziehungen das Idealbild der Twin Transformation dar.

Ziel

Beispiele für gelungene Twin Transformation-Aspekte:

  • Einsatz von Künstlicher Intelligenz, , um den Energieverbrauch und Materialeinsatz zu optimieren
  • Die Nutzung von Datenplattformen, um Nachhaltigkeitsberichte und CO₂-Analysen zu erstellen
  • Dynamische Regelung von Stromverbrauch und -einspeisung durch intelligente Stromnetze dank effektivem Lastmanagement
  • Einsatz von Sensorik und IoT, um Licht, Heizung und Lüftung zu steuern und so den Energieverbrauch zu reduzieren
  • Aufbau von digitalen Zwillingen, um reale Prozesse zu simulieren und ressourcenschonender zu gestalten
  • Einführung von energieeffizienten Cloudlösungen oder automatisierten Monitoring-Systemen

Warum Twin Transformation gerade für die Schweiz wichtig ist

In der Schweiz treffen mehrere Entwicklungen besonders starkaufeinander: hoher Wohlstand, hohe digitale Reife in vielen Branchen und wachsender regulatorischer sowie gesellschaftlicher Druck bezüglich der Anforderungen an die Nachhaltigkeit.

In der Praxis zeigt sich das unter anderem an folgenden Beispielen:

  • In stark umkämpften Märkten werden Effizienz und Nachhaltigkeit immer mehr zu entscheidenden Differenzierungsmerkmalen, mit denen sich Unternehmen wirkungsvoll von der Konkurrenz abheben wollen.
  • Die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) betrifft auch international tätige Schweizer Unternehmen und verpflichtet sie zu einer deutlich umfassenderen und standardisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Verschärfte Anforderungen durch die revidierte CO₂-Verordnung, das neue Klimaschutzgesetz sowie die ESG-Offenlegungspflicht der FINMA erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistung transparent darzulegen
  • Der wachsende Anspruch von Kund:innen und Investor:innen an ein glaubwürdiges, klimaverantwortliches Wirtschaften erhöht den Handlungsdruck auf Unternehmen aller Grössen.
  • Unternehmen, die Digitalisierung und Nachhaltigkeit gezielt verbinden, sind besser gewappnet für regulatorische Veränderungen, Ressourcenengpässe und Marktunsicherheiten.

Gleichzeitig bringt die föderale Struktur, die Vielfalt an Branchen sowie die starke Industrie- und Dienstleistungsbasis der Schweiz besondere Herausforderungen mit sich. Standardlösungen greifen oft zu kurz. Die Transformation muss differenziert, datenbasiert und strategisch verankert sein.

Twin Transformation strategisch verankern

In der Praxis liegt der Fehler oft in der Trennung von Digital- und Nachhaltigkeitsinitiativen. Oft arbeiten beide Teams mit unterschiedlichen Tools, Zielbildern, Zeithorizonten und Prioritäten – Synergien bleiben ungenutzt, es entstehen doppelte Aufwände und mögliche Ziele werden verfehlt.

Twin Transformation bedeutet deshalb auch:

  • Strategie: Nachhaltigkeit als Faktor direkt in dieDigitalisierungsstrategie mit einbinden
  • Technologien: Applikationen gezielt zur Wirkungsmessung nutzen, um Transparenz zu schaffen und Reportingaufwände zu reduzieren
  • Beschaffung: Technische Entscheidungen auch im Hinblick auf ökologische und soziale Auswirkungen bewerten
  • Innovation: Nachhaltigkeit als Treiberin für Innovation betrachten. Innovation bedeutet heute mehr als Effizienz – sie verlangt Verantwortung, Nachvollziehbarkeit und Nachhaltigkeit
  • Wettbewerbsfähigkeit: Agieren anstatt Reagieren. Auf neue Entwicklungen schneller eingehen, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

So entsteht ein neues Innovationsverständnis – eines, das nicht nur auf Effizienz und Geschwindigkeit setzt, sondern auch auf Verantwortung, Transparenz und Zukunftsfähigkeit.

Nachhaltig digital – digital nachhaltig

Die Twin Transformation ist kein Modethema – sie ist Ausdruck einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität, in der Unternehmen in der Schweiz zunehmend zeigen müssen, wie sie Digitalisierung und Nachhaltigkeit strategisch miteinander verbinden.

Richtig gedacht, führt die doppelte Transformation zu robusteren Geschäftsmodellen, besserer Regulierungsfähigkeit, langfristiger Innovationskraft und höherer gesellschaftlicher Akzeptanz. Die Frage ist nicht mehr das „Ob“, sondern das „Wie“. Entscheidend ist der Mut, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gemeinsam strategisch zu denken.

Bild Gabriel Sedlmayer

Autor Gabriel Sedlmayer

Gabriel Sedlmayer ist Senior Consultant bei adesso Schweiz und seit 2019 in der Energie- und Klimabranche tätig. Er ist Lead der CoP Sustainability der adesso Schweiz.