Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Kurz vor einem lang ersehnten Urlaub wird es meistens noch einmal stressig. Übergaben müssen geplant, Nachbarn zum Blumengießen bestellt werden und zumeist gibt es auch noch dieses eine wichtige Projekt, das man vor dem Urlaub gerne abgeschlossen hätte.

Mindestens den Mitarbeitenden des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Minister Robert Habeck dürfte das bekannt vorkommen. Sie haben vergangene Woche – kurz vor Beginn der Sommerpause – das sogenannte Osterpaket durch Bundestag und Bundesrat gebracht und damit laut Habeck das „größte Gesetzespaket im Energiebereich der letzten Jahrzehnte“.

Wir geben euch einen Überblick über die Bestandteile des Pakets.

Hintergrund

Anfang des Jahres stellte Robert Habeck die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ vor (siehe dazu auch unseren Blogbeitrag). Das Ergebnis dieser Bilanz war eindeutig: Während die Emissionen in den vergangenen Jahren durchschnittlich um 15 Millionen Tonnen pro Jahr gesunken sind, müssen sie ab sofort um jährlich 36 bis 41 Millionen Tonnen sinken. Eine Mammutaufgabe.

Um diesen Rückstand aufzuholen, hat Habeck insbesondere Anpassungen des regulatorischen Rahmens angekündigt. Dazu sollen zwei große Artikelgesetzpakete erarbeitet werden. Das Erste wurde im Frühjahr im Referentenentwurf vorgelegt und ging um Ostern herum durch das Kabinett – das sogenannte Osterpaket. Zusätzlich wurde bereits ein Sommerpaket angekündigt, das dann in der zweiten Jahreshälfte durch Bundestag und Bundesrat gehen soll.

Übergeordnetes Ziel

Das Osterpaket ändert auf über 500 Seiten mehrere bereits bestehende Gesetze. Betroffen sind insbesondere das Wind-auf-See-Gesetz, das Energiewirtschaftsgesetz, das Bundesbedarfsplangesetz, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz sowie das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir versuchen im Folgenden die mannigfaltigen Änderungen auf das Wesentliche zu reduzieren.

Neues im EEG verbrieftes Ziel ist, dass der Strom in Deutschland bis 2030 zu 80 Prozent und bis 2035 nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen soll. Zum Vergleich: 2021 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bei 41 Prozent. Um das Ziel zu erreichen, muss sich also der Anteil erneuerbarer Energien innerhalb einer knappen Dekade verdoppeln. Zusätzlich wird der Stromverbrauch in den kommenden Jahren durch die fortlaufende und angestrebte Elektrifizierung, zum Beispiel im Verkehrs- und Wärmesektor, weiter steigen. Man kann das Ziel also guten Gewissens als ambitioniert beschreiben.

Neuer Grundsatz als Herzstück des Pakets

Der Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen hat Einfluss auf die unmittelbare Umwelt der Anlagen. Fläche wird verbraucht, Schallemissionen entstehen, Vögel können sterben und viele weitere Einflüsse mehr. Es muss also stets abgewogen werden, ob negative Einflüsse auf die Umwelt für den Bau in Kauf genommen werden oder nicht. Das Osterpaket verankert im EEG vor diesem Hintergrund den Grundsatz, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit sollen erneuerbare Energien zukünftig bei der Schutzgüterabwägung als vorrangig betrachtet werden. Das hat beispielsweise zur Folge, dass das Verbot von Offshore-Windenergieanlagen in Schutzgebieten entfällt und durch eine Einzelfallprüfung ersetzt wird.

Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien

Die Ausbaupfade für Windenergie an Land und Solarenergie werden deutlich angehoben. Ab 2025 soll eine jährliche Leistung von 10 Gigawatt (GW) Windenergie erreicht werden. Zuletzt wurde sie im Jahr 2021 um rund 2 GW ausgebaut. Von 2022 bis 2025 wird die Ausbaurate sukzessive auf die angestrebten 10 GW pro Jahr angehoben. Ähnliches gilt für die Solarenergie, bei der die Ausbaurate auf 22 GW pro Jahr ab 2026 festgelegt wurde. Auch hier ist die Differenz zum Status quo immens: 2021 wurden Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 5 GW hinzugebaut. Ausschreibungsmengen und Vergütungssätze wurden entsprechend angepasst und festgelegt.

Zusätzlich sind Bundesländer nun verpflichtet, bis 2032 zwei Prozent ihrer Landesfläche für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung zu stellen. Aktuell sind bundesweit nur 0,5 Prozent der Landesflächen dafür verfügbar. Als Zwischenziel sind 1,4 Prozent bis 2026 vorgesehen. Im Sinne des oben beschriebenen Grundsatzes zum Vorrang von erneuerbaren Energien sollen durch eine Ergänzung des Bundesnaturschutzgesetzes auch Landschaftsschutzgebiete in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden können.

Schutz und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

Das Osterpaket richtet sich in unterschiedlichen Bereichen direkt an Bürgerinnen und Bürger. So können beispielsweise Bürgerenergieprojekte zukünftig realisiert werden – ohne dass sie zuvor an einer verpflichtenden Ausschreibung teilnehmen müssen. Zusätzlich sollen Verbraucherinnen und Verbraucher im Falle von insolventen Betreibern besser geschützt werden, indem Lieferanten verpflichtet werden, eine planmäßige Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskundinnen und -kunden drei Monate im Voraus bei der Bundesnetzagentur sowie bei den Kundinnen und Kunden selbst zu melden. Außerdem entfällt seit dem 1. Juli 2022 die EEG-Umlage für alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie wird zukünftig über den Bundeshaushalt finanziert.

Weitere Inhalte

Das 500 Seiten starke Osterpaket beinhaltet neben den oben genannten Änderungen eine Reihe an weiteren Maßnahmen. Dazu zählen zum Beispiel bei der Biomassenutzung die Fokussierung auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke, die Erprobung von Konzepten zur Speicherung erneuerbarer Energien in Wasserstoff mit entsprechender Rückverstromung sowie die Beteiligung der Betreiber von Windkraftparks an der Finanzierung des Netzausbaus.

Trotz politischer Kompromisse weitreichende Folgen

Das Osterpaket bringt Schwung in die Energiewirtschaft. Nicht alle Inhalte und Formulierungen haben den Weg vom Referentenentwurf bis zum verabschiedeten Gesetz überlebt. So gibt es beispielsweise aus verschiedenen Ecken Kritik daran, dass das ursprünglich festgelegte Ziel eines klimaneutralen Stromsystems bis 2035 nicht mehr besteht und durch das Ziel einer nahezu vollständigen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien bis 2035 ersetzt wurde. Dennoch ist die Tragweite der Änderungen, die durch das Osterpaket in Kraft treten, nicht zu unterschätzen und wird voraussichtlich für alle Beteiligten in den kommenden Jahren deutlich spürbare Auswirkungen haben.

Dessen ist sich auch Robert Habeck bewusst. Er erklärte, dass sich das Land auf Grundlage des Gesetzespakets verändern werde. Außerdem stimmte er das Land darauf ein, dass in naher Zukunft unübliche Maßnahmen nötig werden könnten, die auch eine Zumutung für die Bevölkerung sein könnten.

Das Osterpaket unterstreicht erneut, dass die Herausforderungen der Transformation immens sind und die Energiewirtschaft zu einer der spannendsten und dynamischsten Branchen der Zukunft gehört. Wir sind froh, diesen Weg gemeinsam mit unseren Kunden begleiten zu dürfen und bleiben gespannt, welche weiteren Änderungen das Sommerpaket bereithält.

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Autor Georg Benhöfer

Georg Benhöfer ist Leiter des Themenschwerpunkts Regulierung in der Energiewirtschaft bei adesso. Als Senior Consultant mit Fokus auf die Gestaltung und Umsetzung von sowohl klassischen als auch agilen Digitalisierungsprojekten begleitet er seit vielen Jahren Unternehmen der Energiewirtschaft als Projektleiter, Fachexperte und strategischer Berater.

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Autor Stephen Lorenzen

Stephen Lorenzen ist Managing Consultant bei adesso und seit fast fünf Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Er versteht sich als pragmatischer und interdisziplinärer Allround-Berater mit mehrjähriger Berufserfahrung in den Bereichen Innovationsmanagement, Requirements Engineering sowie klassischem und agilem Projektmanagement.

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Autor Lars Zimmermann

Lars Zimmermann ist Senior Consultant bei adesso und seit knapp zehn Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte bildeten hierbei Prozesse der Abrechnung, des Kontokorrents und der Tarifierung. Darüber hinaus beschäftigt er sich intensiv mit dem Wettbewerb und der Regulierung in der Energiewirtschaft.

Kategorie:

Branchen

Schlagwörter:

Energiewirtschaft

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