Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Jeder von euch kennt sie, diese langweiligen Aufgaben, die man erledigen muss, aber nicht will: sei es Wäsche waschen oder eine monotone Aufgabe für die Arbeit zu erledigen. Viel lieber würde man doch durch seine Facebook-Seite scrollen, in einem Handy-Spiel versinken oder sich durch anderweitige Medien ablenken lassen. Heutzutage gibt es so viele spannende Möglichkeiten, um sich zu beschäftigen, so dass alltägliche Aufgaben, das Lernen oder Arbeiten noch mehr an Reiz verlieren. Das wirkt sich nicht nur negativ auf das eigene Leben aus, auch Unternehmen werden negativ davon beeinflusst.

Aber was wäre, wenn man das Ganze mit Spaß verbinden könnte? Dass man sich vielleicht sogar freut, eine Aufgabe endlich in Angriff zu nehmen oder sie zumindest interessanter ist, als seinen Status bei Facebook zu aktualisieren? Hier kommt Gamification ins Spiel.

Gamification, was ist das eigentlich?

Befragt ihr das Internet nach einer Definition des Begriffs Gamification, bekommt ihr viele verschiedene und doch ähnliche Antworten. Allgemein gibt es weltweit bisher keine anerkannte Definition. Jedoch ist der Kern bei jeder Erklärung auf Folgendes zurückzuführen: Das Einsetzen von Spielelementen im nicht spielerischen Kontext. Aber was heißt das jetzt genau?

Für die Entwicklung eines Produkts oder einer Anwendung werden mit Hilfe von Gamification bestimmte Aspekte, die Spiele interessant machen, genutzt, um langweilige oder ernstere Tätigkeiten spannender zu gestalten. Zu verwendbaren Spielelementen gehören beispielsweise Levelsysteme, Belohnungen oder Auszeichnungen.

Der Einsatz von Gamification bedeutet, eine Möglichkeit zu entwickeln, um bestimmte Tätigkeiten spielerisch zu erledigen. Damit ist allerdings nicht gemeint, ein komplettes Spiel zu entwickeln. Das wird nämlich häufig missverstanden und Gamification daher oft mit Serious Games in Verbindung gebracht. Beide Begrifflichkeiten beziehen sich, in Bezug auf Spiele, zwar auf ernstere Inhalte, unterscheiden sich dennoch stark voneinander: Während bei Gamification einzelne Elemente eines Spiels verwendet werden, wird bei Serious Games ein vollwertiges Spiel entwickelt - wie der Name schon sagt: ein „ernstes Spiel“. Darunter fallen beispielsweise Flug- oder Rennfahrsimulatoren, die zur Ausbildung in einem bestimmten Bereich dienen.

Aber Spiele sind doch nur was für Kinder oder einsame Jugendliche

Oft wird angenommen, dass hauptsächlich Kinder, Jugendliche oder einsame Nerds, die kaum noch das Haus verlassen, zocken. Diese Vorurteile sind allerdings schon lange widerlegt worden. Tatsächlich sind die Mehrheit der „Gamer“ erwachsene Menschen mit einem Durchschnittsalter von 37 Jahren und ungefähr die Hälfte davon sind Frauen.

Das bedeutet, dass sich jede Altersgruppe und jedes Geschlecht für Spiele interessiert und sie auch regelmäßig spielt - beispielsweise die eigenen Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitende oder Kunden eines Unternehmens sowie die eigenen Kinder oder Eltern.

Wie funktioniert das Ganze?

Der Grundgedanke hinter Gamification besteht darin, durch den Einsatz von Spielelementen in einer Anwendung, eine Aufgabe interessanter zu gestalten, um somit die User dazu zu motivieren, eben diese Aufgabe zu erledigen.

Zu den wichtigsten Spielelementen zählen:

Belohnungen

Sie können in Form von Punkten oder Gegenständen vergeben werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Belohnungen nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer zu bekommen sind. Somit kann die Motivation der User durch äußere Anreize gehoben werden.

Ranglisten

Hierbei werden die einzelnen User miteinander verglichen, womit ein Wettbewerb ins Leben gerufen wird. Dies kann sehr motivierend sein, allerdings auch das Gegenteil bewirken. Es muss also darauf geachtet werden, dass die User die Möglichkeit haben, jederzeit in der Rangliste aufzusteigen beziehungsweise den ersten Platz zu erreichen. Ansonsten könnten viele Teilnehmende schnell die Lust verlieren. Das Ziel beim Einsatz von Gamification ist es, alle User zu motivieren und nicht nur einen Gewinner hervorzubringen.

Levelsysteme

Beim Einsatz von Levelsystemen kann der User durch Punkte, die für den Abschluss von Aufgaben vergeben werden, in seinem Level aufsteigen. Auf einer Fortschrittsleiste wird angezeigt, wie viele Punkte der User noch braucht, um das nächste Level zu erreichen. Das kann dazu führen, dass der Einzelne motiviert ist, viele Aufgaben zu erledigen, um schneller im Level aufzusteigen. Oder, falls die Fortschrittsleiste fast vollständig gefüllt ist, doch noch eine Aufgabe zu erledigen, nur um noch das nächste Level zu bekommen.

Es gibt auch die Möglichkeit, für nicht rechtzeitig erledigte Aufgaben, Punkte abgezogen zu bekommen und somit den Fortschritt oder auch ein ganzes Level zu verlieren. Dies ist ebenfalls ein Motivationsfaktor, da viele Menschen ihre Errungenschaften ungerne verlieren wollen.

Auszeichnungen

Dabei handelt es sich um Erfolge, die im Spiel erreicht werden können. Darunter fallen das Erhalten von besonderen Abzeichen oder von Errungenschaften durch das Erreichen eines Zieles beziehungsweise für eine bestimmte Handlung. Dabei ist es sinnvoll, die Liste der möglichen und erreichbaren Auszeichnungen anzuzeigen. Eine Vielzahl von Menschen werden nämlich davon motiviert, alle verfügbaren Auszeichnungen zu erhalten.

Herausforderungen

Das sind Aufgaben, die der User für den Erhalt einer Belohnung erledigen kann. Das können beispielsweise einzelne Lernaufgaben, das Erledigen von Haushaltsaufgaben oder das Abschließen kleinerer Aufgaben für die Arbeit sein. Worum es sich genau handelt, hängt immer vom entsprechenden Bereich, in dem Gamification eingesetzt wurde, ab.

Gruppen

Durch die Bildung von Gruppen können User statt gegeneinander, wie im Fall der Ranglisten, miteinander arbeiten. Hier kann es beispielsweise Teilaufgaben geben, die die User erledigen müssen, um eine vollständige Aufgabe in der Gruppe fertigzustellen.
Außerdem kann hier eine Form von Bestrafung eingeführt werden, bei der die komplette Gruppe zum Beispiel Punkte vom Fortschritt abgezogen bekommt, wenn eines der Gruppenmitglieder seine Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt. Der hierbei entstehende Gruppenzwang ist ein starker Motivationsfaktor, da Menschen Rudeltiere sind und es ihnen häufig wichtig ist, was andere von ihnen denken.
Eine Hybridversion ist ebenfalls denkbar. Hier kann das Arbeiten miteinander und gegeneinander verknüpfen werden, indem in einer Gruppe zusammen gegen andere Gruppen gearbeitet wird. Die Ergebnisse können dann in Ranglisten miteinander verglichen werden.

Die aufgezählten Spielmechaniken können zum Teil einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Einige basieren allerdings aufeinander und müssen demnach zusammen verwendet werden.

Der Mehrwert dahinter

Durch den Einsatz von Gamification kann die Produktivität am Arbeitsplatz gesteigert werden, das Lernen erleichtert oder Menschen dazu gebracht werden, ein Produkt oder Unternehmen zu bewerten. Ein Unternehmen kann damit leichter die bestehenden Kunden binden, neue Kunden gewinnen und sich selbst ein positives Image verleihen. Dabei können sowohl End- als auch B2B-Kunden angesprochen werden.

Allerdings ist nicht nur in Bezug auf die Kunden ein Mehrwert vorhanden. Auch die Mitarbeitermotivation kann durch Gamification stark gesteigert werden. Beispielsweise können Mitarbeitende für den Abschluss von Projekten oder das Einhalten von Vorschriften Belohnungen erhalten oder in einer Rangliste aufsteigen. Auch die Fitness von Mitarbeitenden kann durch Belohnungen gesteigert werden - etwa beim Benutzen der Treppe statt des Aufzugs oder bei der Verwendung des Fahrrads auf dem Weg zur Arbeit statt des Autos.

Wie ihr seht, hat Gamification sowohl Vorteile für das Unternehmen als auch für die User. Die User haben Spaß, werden belohnt und verbinden in Zukunft auch das Unternehmen mit diesem Gefühl.

Und ist das jetzt so einfach umzusetzen?

Nein, so einfach ist das leider nicht. Viele Unternehmen denken, dass durch den Einsatz von Levelsystemen oder Abzeichen ihre Anwendungen lustig und interessant werden. Natürlich kann man ganz einfach ein paar spielerische Elemente einbauen, aber das bringt das Ganze noch nicht zum Erfolg.

Um das zu erreichen müssen verschiedene Dinge beachtet werden:

1. Ziele des Unternehmens = Ziele der Nutzer

Möchte ein Unternehmen eine Anwendung unter Verwendung von Gamification erfolgreich entwickeln, muss dieses sich nicht nur über die eigenen Ziele, sondern auch über die Vorhaben der User im Klaren sein. Stimmen die Interessen nicht überein, bleibt der Erfolg aus. Es ist schwierig, eine Person für ein Thema zu motivieren, an dem sie gar nicht interessiert ist. Bis zu einem bestimmten Punkt können Belohnungen und andere äußere Einflüsse den User motivieren, an diesem Thema zu arbeiten. Um ihn allerdings langfristig zu überzeugen, wird ein gewisses Maß an intrinsischer Motivation benötigt. Dies bedeutet, der User muss von sich aus Interesse an dem Thema zeigen.

2. Die Wahl der richtigen Spielelemente

Manche User lassen sich von Auszeichnungen oder Erfolgen motivieren, andere finden dies jedoch langweilig. Es muss demnach eine Lösung gefunden werden, mit der die Ziele und Interessen der Mehrheit der Nutzergruppe vereint werden können.

3. Herausforderungen

Sind Aufgaben zu schnell, zu schwer oder benötigt der User zu lange, um in seinem Level aufzusteigen, verliert er schnell die Lust. Genauso verhält es sich bei zu schnellem Voranschreiten. Die Schwierigkeit sollte demnach einfach starten und sich langsam steigern. Dabei muss das richtige Maß gefunden werden.

4. Echte Emotionen wecken

Um wirklich Erfolg zu haben, müssen die Menschen emotional angesprochen werden. Dies kann geschehen, indem die User bestimmte Aufgaben erledigen, wodurch sie sich fühlen, als wären sie Teil eines größeren Ziels.

Eine andere Möglichkeit wäre, den Usern die eigenen Fortschritte aufzuzeigen. Möchte eine Person beispielsweise abnehmen und geht dafür ins Fitnessstudio, so ist das Laufen auf dem Laufband nicht wirklich emotional berührend und die Lust lässt schnell nach. Wird dieser Person allerdings auf dem Bildschirm des Laufbandes angezeigt wie viele Kalorien schon verbrannt oder wie viele Kilogramm schon abgenommen wurden, dann löst die Erkenntnis über den Fortschritt positive Emotionen aus.

Fazit

Wie ihr gesehen habt, bringt die Verwendung von Gamification einige Herausforderungen mit sich. Da der Einsatz heutzutage zum Trend geworden ist, gibt es einige Anwendungen auf dem Markt. Jedoch haben die meisten Anwender wenig Erfolg damit.

Ja, alle Spiele bestehen aus Spielelementen, aber nicht alle Spiele sind gut und machen langfristig Spaß. Demnach wird eine Anwendung durch den reinen Einsatz von Spielmechaniken nicht direkt interessant. Der Schlüssel dahinter sind die Emotionen der Menschen. Das Freiheitsgefühl, das wir bei unseren Freizeitaktivitäten verspüren, kann in unsere Lern- und Arbeitserfahrung integriert werden. Somit können wir genauso viel Spaß in unserem ernsteren Lebensbereich haben, wie in unserer Freizeit.

Unternehmen, die dies richtig umsetzen können, haben die Möglichkeit sowohl ihre Kunden als auch ihre Mitarbeitenden erfolgreich an sich zu binden.

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Bild Céline  Nordmann

Autorin Céline Nordmann

Céline Nordmann ist als Werkstudentin im IT-Consulting-Umfeld im Bereich Cross Industries bei adesso tätig. Ihr Schwerpunkt ist User Experience. Darüber hinaus befasst sie sich intensiv mit agilen Methoden.

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