Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Die Digitalisierung findet Einzug in jede Lebenslage. Auch Unternehmen und Behörden merken zunehmend, dass eine Änderung notwendig ist und wollen ihre Workflows optimieren. Damit Prozesse und Abläufe digitalisiert werden können, müssen diese im ersten Schritt bekannt sein. Ein Klassiker unter den Methoden zur Prozessaufnahme ist die Brown-Paper-Methode.

Die Methode ist eine ergebnisorientierte Herangehensweise und basiert darauf, dass die am Prozess beteiligten Personen persönlich in einem Workshop zusammenkommen. Gemeinsam wird ein Abbild des Prozesses erarbeitet und auf dem „Brown-Paper“ dargestellt.

Die Vorbereitung

Der Grund für die Aufnahme von Prozessen gibt vor, welcher Prozess genauer betrachtet werden muss. Basierend auf dem Prozess ist auch schnell ersichtlich, welche Personen am Workshop teilnehmen sollten und welche teilnehmen müssen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erarbeiten.

Ein übergeordnetes Prozesshaus oder eine Prozesslandkarte helfen aufzuzeigen, welcher Ausschnitt oder Teilprozess der Unternehmensprozesse im Mittelpunkt des Workshops steht.

Im Rahmen der Vorbereitung werden alle organisatorischen Aspekte des Workshops wie Teilnehmende, Termin, Dauer, Raum, Ausstattung und Hilfsmittel geklärt.

Die Durchführung

Für den Workshop braucht man nicht viele Hilfsmittel: eine lange Rolle Packpapier, ausreichend viele dicke Stifte, Klebeband und Post-Its in passender Größe. Bei Bedarf sind noch Flipcharts für weitere Notizen hilfreich.

Ziel des Workshops ist es, dass die beteiligten Personen gemeinsam den Prozess auf der Brown-Paper-Wand erarbeiten und sich nachher einig sind, dass dieser Prozess genauso ausgeführt wird.

Unterstützend ist ein Methodenexperte anwesend, der durch den Tag führt und die Denk- und Arbeitsprozesse mit weiterführenden Fragen „füttert“:

  • Wie ist der nächste Schritt?
  • Wer ist an diesem Schritt beteiligt?
  • Gibt es Abhängigkeiten oder Rahmenbedingungen – beispielsweise Fristen?
  • Wird das regelmäßig gemacht oder ist es ein einmaliger Schritt?

Sollten während der Prozessabbildungen Schwachstellen, Konflikte oder Verbesserungsmöglichkeiten auftauchen, können diese mit einem roten Blitz auf der jeweiligen Karte gekennzeichnet werden. Wichtig ist, dass immer die vorgegebene Detailtiefe im Auge behalten wird, sodass nicht die am wenigsten relevanten Details am längsten diskutiert werden.

Zur Erstellung eines Soll-Prozesses werden im Nachgang alle markierten Karten besprochen und dieser kann daraufhin an einer anderen Wand in angepasster Form modelliert werden. Hilfreich können folgende weiterführende Fragen sein, um Optimierungspotenziale aufzudecken:

  • Was fehlt oder wo wird zu viel bearbeitet?
  • Wo sind Verbesserungsmöglichkeiten?
  • Wo tauchen am häufigsten Medienbrüche oder Fehler auf?
  • Wer ist verantwortlich?

Die Nachbereitung

Nach dem Workshop werden die aufgenommenen Prozesse mit Hilfe eines Softwaretools modelliert. Alle gefundenen Maßnahmen zur Verbesserung und Optimierung werden gesammelt an die Teilnehmenden zurückgespiegelt, sodass weitere Handlungen eingeleitet werden können.

Die Methode in der Praxis

In der Corona-Zeit sind Workshops bei Kunden vor Ort eine Seltenheit. Eine Methode wie die Brown-Paper-Methode ist in einer solchen Zeit schwierig einzusetzen, aber nicht unmöglich. Mit einigen Abwandlungen kann man die Methode trotz Abstand und Hygieneregeln in Workshops vor Ort oder auch ganz remote durchführen.

Gemeinsam mit meinem Projektteam, habe ich als Methodenexpertin diese Art von Workshop mit einer angepassten Methodik während der Corona-Zeit durchgeführt. Wir haben bei einem Kunden aus dem Public-Sektor den Auftrag bekommen, ein Digitalisierungskonzept zu erstellen, das maßgeblich aus der Aufnahme von Ist-Prozessen und der Modellierung von Soll-Prozessen bestand. Da war natürlich klar, dass wir das irgendwie interaktiv an die Wand bringen müssen. Mit Hilfe der Business-Process-Modelling-Notation (BPMN) sollten die Prozesse direkt auf dem Brown-Paper modelliert werden, um so eine nachgelagerte Interpretation unsererseits zu vermeiden.

Gemeinsam mit dem Kunden wurde also geplant und organisiert. In fünf Workshops sollten circa 25 Ist-Prozesse und 25 Soll-Prozesse erarbeitet werden.

Während im ersten Workshop, auch dort schon unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln, die teilnehmenden Personen noch einige Prozesse in Kleingruppen eigenständig entwickelt und nach Einführung in die Methode auch modelliert haben, wurde das im Laufe der Workshops weniger. Plan B war entsprechend eine Live-Modellierung während der Diskussionen. Gesagt, getan. Während die Arbeitsprozesse, Abhängigkeiten und Rahmenbedingungen wiedergegeben und diskutiert wurden, habe ich die Prozesse Schritt für Schritt mit modelliert. Mit Hilfe der Standard BPMN und der Automatisierungselemente aus dem Modellierungstool Camunda konnten so nach und nach alle parallelisierten Prozesse, Abhängigkeiten und Schleifen dargestellt werden.

Im Nachgang an die Workshops wurden die Prozesse in Camunda modelliert. Das Ergebnis waren 50 modellierte Prozesse, die genau aufzeigen, wie die betreffenden Personen derzeit arbeiten und wie zukünftig die Fehlerquelle der Medienbrüche minimiert werden soll.

Fazit

Die Brown-Paper-Methode ist so flexibel, wie man sie braucht, denn sie gibt einem Hilfsmittel und Rahmenbedingungen mit. Mit der richtigen Modellierungsmethode und unter Einbeziehung der Teilnehmenden sind die Ergebnisse von Brown-Paper-Workshops nicht nachgelagerte Interpretationen seitens des Moderierenden, sondern ein gemeinsam erarbeiteter Prozess in dem sich alle teilnehmenden Personen wiederfinden.

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Bild Lisette  Korte

Autorin Lisette Korte

Lisette Korte ist als IT-Consultant im Bereich Digitalisierung bei adesso in Köln tätig. Sie beschäftigt sich gerne mit aktuellen Trends im Bereich des Internet of Things und hat ihren Aufgabenschwerpunkt im Requirements Engineering.

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