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Bei der Beschäftigung mit dem Data-Mesh-Ansatz taucht schnell die Frage auf, nach welchen Kriterien die Datendomänen zugeschnitten werden sollten. Leider gibt es in der Literatur nur vage Hinweise, und zentrale Fragen bleiben häufig unbeantwortet, was die Projekte in Unsicherheit zurücklassen kann.

In diesem Blog-Beitrag werden erste Bewertungsrahmen für die genannte Fragestellung präsentiert. Ziel ist es, einen Beitrag für eine fundierte fachliche Diskussion zu leisten.

Data-Mesh – Daten Teams (Domänen) verantworten Ihre Datenprodukte

Der Data-Mesh-Ansatz, eingeführt von Zhamak Dehghani in ihrem Buch „Data Mesh: Creating a Modern Data Architecture", ist ein Konzept, welches darauf abzielt, die Komplexität der Datenverwaltung in Unternehmen zu reduzieren und die Skalierbarkeit und Agilität zu verbessern. Bei diesem Ansatz werden Daten als eigenständige und autonome Einheiten behandelt.

Im Data Mesh werden Datenprodukte als zentrale Objekte betrachtet, die von selbstorganisierten, interdisziplinären Teams entwickelt, gepflegt und verantwortet werden. Diese Teams werden als „Data Domains" bezeichnet und sind für bestimmte Geschäftsbereiche oder Datenbereiche zuständig. Jede Data Domain ist eigenständig und verfügt über die volle Kontrolle ihrer Datenprodukte - einschließlich der Definition von Datenqualität, Sicherheit und Zugriffsrichtlinien.

Die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Data Domains erfolgt über eine dezentrale Governance-Struktur, die auf klaren Schnittstellen und Standards basiert. Dazu gehören einheitliche Metadatenmodelle, Datenkataloge und Plattformen, die den Austausch und die Wiederverwendung von Datenprodukten erleichtern.

Der Data-Mesh-Ansatz ist eine gute Basis für moderne Technologien wie Cloud Computing, Big Data und Künstliche Intelligenz (KI), um Daten effizienter zu verarbeiten und für einen breiteren Anwenderkreis nutzbar zu machen.

Bewertungskriterien – ein erster Schritt zur erfolgreichen Data-Mesh-Einführung

Für eine erfolgreiche Einführung eines Data-Mesh-Konzeptes beziehungsweise einen effizienten Zuschnitt der Datendomänen sollten bei einer Entscheidung folgende Kriterien berücksichtigt werden:

  • 1. Geschäftliche Domänenorientierung
  • 2. Klar definierte Verantwortlichkeiten
  • 3. Autonome Datenteams
  • 4. Technologische Unabhängigkeit
  • 5. Klar definierte Schnittstellen und APIs
Geschäftliche Domänenorientierung – ermöglicht eine effektive Datenverwaltung

In einem Versicherungsunternehmen kann die Schadensabwicklung eine geschäftliche Domäne sein. Der Zuschnitt der Datendomäne kann sich auf Informationen wie Schadensberichte, Schadenshöhe, Kundeninformationen und Schadensverlauf konzentrieren. Dies ermöglicht eine effektive Verwaltung und Analyse von Schadensdaten, um Trends zu identifizieren, Betrugsfälle aufzudecken und den Schadensabwicklungsprozess zu optimieren.

Der Zuschnitt der Domänen sollte sich an den natürlichen geschäftlichen Abgrenzungen orientieren, um die Datenverantwortung und -verwaltung effektiv zu gestalten.

Zentrale Fragen (Auszug aus dem adesso-Fragenkatalog):

  • Welche geschäftlichen Domänen sind in der Versicherung vorhanden, und welche Daten werden in jeder Domäne generiert?
  • Wie sind die aktuellen Datenflüsse in Bezug auf die geschäftlichen Domänen organisiert, und welche Daten werden zwischen den verschiedenen Systemen ausgetauscht?
Klar definierte Verantwortlichkeiten – machen den Umgang mit Daten effizienter:

Im Bereich Datenmanagement kann in einer Versicherung ein datenorientiertes Domänenteam eingerichtet werden, das für die Verwaltung der Dateninfrastruktur, Datenbanken, Datensicherheit und -integrität zuständig ist. Dieses Team stellt sicher, dass Daten effizient und sicher gespeichert, verwaltet und bereitgestellt werden.

Es ist wichtig, dass jede Domäne klare Verantwortlichkeiten hat, um effizient mit den Daten umgehen zu können und eine klare Datenverantwortung sicherzustellen.

Zentrale Fragen (Auszug aus dem adesso-Fragenkatalog):

  • Welche Teams oder Abteilungen sind derzeit für die Verwaltung und Pflege der Daten in den einzelnen geschäftlichen Domänen zuständig?
  • Gibt es klare Verantwortlichkeiten für die Datenqualität, das Datenmanagement und die Datenanalyse in den einzelnen Domänen?
Autonome Datenteams – sichern eine eigenständige Datenverwaltung

In einer Versicherung kann ein autonomes Datenteam für die Analyse von Versicherungsrisiken eingerichtet werden. Das Team ist für die Datenbeschaffung, -aufbereitung und -analyse zuständig und entwickelt Modelle zur Risikobewertung. Dadurch wird die Analyse von Versicherungsrisiken verbessert und die Grundlage für eine fundierte Tarifgestaltung und Risikoverwaltung geschaffen.

Ein weiteres Beispiel ist ein autonomes Datenteam für das Kundenverhalten in einer Versicherung. Dieses Team sammelt und analysiert Daten zu Kundeninteraktionen, Kaufverhalten und Präferenzen. Dadurch kann die Versicherung personalisierte Angebote erstellen, Kundenbedürfnisse besser verstehen und die Kundenzufriedenheit steigern.

Jede Domäne sollte von einem eigenen autonomen Team betreut werden, um die notwendige Fachkompetenz und Entscheidungsbefugnis für eine eigenständige Datenverwaltung sicherzustellen.

Zentrale Fragen (Auszug aus dem adesso-Fragenkatalog):

  • Sind in den Domänen bereits autonome Datenteams etabliert, die für die Datenverwaltung zuständig sind?
  • Verfügen diese Teams über die erforderliche Fachkompetenz und Entscheidungsbefugnis, um datenbezogene Aufgaben eigenständig durchzuführen?
Technologische Unabhängigkeit – für jede Domäne die richtige Technologie

In einer Versicherung kann eine Daten-Domäne für das IoT-basierte Schadenmanagement definiert werden. Diese Domäne ist technologieunabhängig und ermöglicht die Integration von Daten aus verschiedenen IoT-Geräten wie Sensoren in Fahrzeugen oder Smart-Home-Systemen. Dadurch wird ein effektives Schadenmanagement ermöglicht, das Echtzeitdaten nutzt und eine proaktive Schadenprävention unterstützt. Eine weitere Domäne kann sich zum Beispiel auf die Cloud-basierte Datenanalyse und -speicherung konzentrieren.

Jede Domäne sollte die Freiheit haben, die für ihre spezifischen Anforderungen geeigneten Technologien auszuwählen. Der Zuschnitt der Domänen sollte die technologische Unabhängigkeit berücksichtigen und den Einsatz verschiedener Technologien ermöglichen.

Zentrale Fragen (Auszug aus dem adesso-Fragenkatalog):

  • Welche Technologien und Tools werden derzeit in den verschiedenen Domänen zur Datenverwaltung und -analyse verwendet?
  • Gibt es technologische Abhängigkeiten, die möglicherweise die Einführung einer technologischen Unabhängigkeit erschweren könnten?
Klar definierte Schnittstellen und APIs – ermöglichen den Austausch von Daten

Eine Domäne könnte sich auf das Schadenmanagement in der Versicherung konzentrieren. Hier werden Daten über Schadensfälle, Versicherungspolicen und Schadensabwicklung erfasst. Durch klar definierte Schnittstellen und APIs können diese Daten mit externen Partnern wie Werkstätten oder Gutachtern geteilt werden, um den Schadenabwicklungsprozess zu optimieren und eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Klare Schnittstellen und APIs sind erforderlich, um den Austausch von Daten zwischen den Domänen zu ermöglichen. Der Zuschnitt der Domänen sollte sicherstellen, dass die Schnittstellen klar definiert und interoperabel sind.

Zentrale Fragen (Auszug aus dem adesso-Fragenkatalog):

  • Wie werden derzeit Daten zwischen den geschäftlichen Domänen ausgetauscht?
  • Sind klare Schnittstellen und APIs definiert, die den Austausch von Daten erleichtern und die Interoperabilität zwischen den Domänen ermöglichen?

Die Ausarbeitung einer unternehmensweiten Datenstrategie kommt vor der Einführung eines Data-Mesh-Ansatzes

Der Zuschnitt von Datendomänen kann sowohl anhand organisatorischer und prozessualer Gesichtspunkte als auch unter Berücksichtigung funktionaler und technischer Aspekte erfolgen. Dabei spielen insbesondere die Schnittstellen zwischen den Datendomänen eine wichtige Rolle.

Bei der Einführung des Data-Mesh-Ansatzes in einer Versicherung empfiehlt sich ein schrittweiser Vorgehensansatz. Zunächst können die vorhandenen spartenbasierten Datensilos auf eine moderne Datenplattform migriert werden, beispielsweise durch die Implementierung eines Lakehouse-Ansatzes. Anschließend werden die bestehenden Domänen um funktionale Domänenteams erweitert, um die Datenverantwortung und -nutzung zu dezentralisieren. Es ist dabei entscheidend, die Schnittstellen zwischen den Domänen entsprechend den angestrebten Anwendungsfällen zu optimieren und auszubauen. Ein Datenkatalog kann dabei als zentrales Instrument dienen, um die Auffindbarkeit und Verfügbarkeit von Datenprodukten und Informationen in den Domänen zu erleichtern und für alle Anwender zugänglich zu machen.

Jedoch sollte die Entscheidung für einen Data-Mesh-Ansatz auf Basis einer fundierten und unternehmensübergreifenden Datenstrategie getroffen werden. Eine solide Grundlage in Form einer umfassenden Datenstrategie ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass der Data-Mesh-Ansatz erfolgreich implementiert und genutzt werden kann. Sie ermöglicht eine klare Ausrichtung auf die Geschäftsziele, die Definition von Datenqualitätsstandards, die Festlegung von Zuständigkeiten und die Etablierung geeigneter Governance-Mechanismen.

Bild Alexander  Blattmann

Autor Alexander Blattmann

Alexander Blattmann ist bei adesso als Teamleiter “Data Driven Insurance” in der Line of Business Insurance Consulting tätig. Er unterstützt Kunden bei der Transformation zu einem datengetriebenen Unternehmen mit Hilfe moderner Datenmanagementsysteme und KI-Lösungen.

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