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Mit der Energiewende kommt eine hohe Dynamik auf viele verschiedene Branchen zu. Eine der am meisten betroffenen Branchen ist die Energiewirtschaft – und Strom- und Gasnetzbetreiber sind in besonderer Weise davon betroffen. Die Energiewirtschaft kommt ursprünglich aus einem eher konstanten Unternehmensumfeld mit relativ statischen Kennzahlen und sieht sich nun zunehmend mit volatilen Veränderungen und Daten konfrontiert.

Eine Transparenz mit Berichten und Kennzahlen hilft vielen Unternehmensbereichen. Ändert sich das Unternehmensumfeld, wird dies durch regelmäßige, teilweise automatisierte Analysen unmittelbar erkennbar. Das Unternehmen kann sich also schnell und kosteneffizient an neue Gegebenheiten anpassen.

Empfehlenswert ist die Nutzung von Dashboards, da diese ein kostengünstiges Werkzeug für die begrenzten Budgets von Netzbetreibern darstellen. Zudem können durch eine bessere Steuerung der Kosten die Erlöse regulierter Netzbetreiber optimiert werden.

Ein Dashboard ist eine grafische Benutzeroberfläche, die zur Visualisierung und Aufbereitung von Daten dient. Dashboards haben den großen Vorteil, dass dort alle relevanten Kennzahlen auf einen Blick dargestellt und diese mit nur wenigen Klicks erreicht werden können. Dashboards können in der Regel für verschiedene Nutzergruppen mit unterschiedlichen Anforderungen und Informationsbedürfnissen und sogar vom einzelnen User an seine Bedürfnisse angepasst werden (Stichwort Self-Service Reporting).

Die Kernelemente von Dashboards:

  • 1. Datenquellen: Dashboards beziehen ihre Daten aus verschiedenen Quellen, darunter Sensoren, Messgeräte, Überwachungs- oder Netzleittechnik-Systeme. Die Daten werden in Echtzeit erfasst und nahezu in Echtzeit an das Dashboard übertragen. Für kaufmännische Dashboards können Daten aus ERP-Systemen entnommen werden.
  • 2. Datenvisualisierung: Dashboards stellen die erfassten Daten in visuell ansprechender Weise dar. Sie verwenden Diagramme, Grafiken, Karten und andere Visualisierungstechniken für Kennzahlen. Teilweise werden auch nur die reinen Kennziffern gezeigt.
  • 3. Echtzeitüberwachung und Monitoring: Dashboards ermöglichen eine Echtzeitüberwachung – etwa eines Netzes. Betreiber können wichtige Parameter wie Spannung, Stromstärke, Leistung (Strom) beziehungsweise Druck (Gas/Wasser) und Auslastung eines Netzes in Echtzeit verfolgen. Dadurch können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden.
  • 4. Alarme und Benachrichtigungen: In Dashboards können benutzerdefinierte Alarme und Benachrichtigungen eingerichtet werden, um Betreiber über Abweichungen von bestimmten Parametern, über die Über- oder Unterschreitung von Grenzwerten oder über kritische Ereignisse zu informieren. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion auf Störungen und Normabweichungen.

Warum Dashboards?

Die Anzahl an messbaren Größen und Kennzahlen der täglichen Arbeit nimmt ständig zu – auf technischer sowie kaufmännischer beziehungsweise regulatorischer Seite. Viele der Zahlen und Kennzahlen beziehungsweise Key Performance Indicators (KPIs) sind volatil und aussagekräftig – insbesondere für die finanzielle Situation des Unternehmens.

Außerdem sind ohne den Einsatz von Dashboards viele der Zahlen tief im System (beispielsweise in einem ERP-System) „vergraben“. Dann müssen teilweise mehrere (manuelle) Datenerhebungen und Auswertungen über Systemgrenzen hinweg gemacht werden, um die gewünschte Kennziffer in einer aktuellen Form zu erhalten oder berechnen zu können.

Dashboards stellen für User einen besseren Weg dar, weil die Daten möglichst einfach aufrufbar sind. Idealerweise passiert das direkt im Browser, so dass die Schwelle für User, das Dashboard zu nutzen, niedrig ist. Auch wird in der Regel kein separater Login benötigt und es ist sichergestellt, dass die aktuellen Daten benutzt werden.

Zudem bieten Dashboards eine gute Übersicht über die hohe Informationsdichte. Sie wird durch die grafische Aufbereitung der Daten ermöglicht. Benutzer können mehrere und miteinander in Bezug stehende Kontexte schnell auf einen Blick erfassen.

Die wesentlichen Vorteile von Dashboards sind:

  • Herstellen von Transparenz (bei Bedarf für eine breite Nutzergruppe)
  • Einfache und intuitive Bedienbarkeit
  • (Meist) Kein separater Login in Systeme notwendig
  • Es ist wenig bis kein Fachwissen für die datenhaltenden Systeme notwendig
  • Alle Beteiligten wissen, wo die aktuellen und maßgeblichen Kennzahlen/KPIs zu finden sind
  • Hohe Informationsdichte

Wichtige Voraussetzungen

Natürlich kann ein Dashboard nur auf die Daten zurückgreifen, die auch in Systemen in Datenfeldern hinterlegt sind.

Daher ist es wichtig, dass …

  • die notwendigen Daten und/oder Quelldaten bereits in einem System vorliegen,
  • die Daten und/oder Quelldaten regelmäßig und verlässlich automatisch oder manuell (zum Beispiel Rechnungsbuchungen) im System aktualisiert werden und
  • dass das datenhaltende System die Daten über eine Schnittstelle einem Dashboard zur Verfügung stellen kann.

Es gibt viele grafische Visualisierungsmöglichkeiten von Kennzahlen und Dashboards, Quelle: Image by pikisuperstar on Freepik

Auswahl von Kennzahlen

Mit Blick auf die Auswahl von Kennzahlen ist es wichtig, das richtige Mittelmaß zu finden. Zu viele Kennzahlen bedeuten zu viel Aufwand für die Dokumentation, Datenerfassung, auswertung, analyse, -darstellung und -interpretation und die notwendigen Entscheidungen. Zu wenige Kennzahlen hingegen ermöglichen keine fundierten Entscheidungen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Zahl einer Kennzahl an sich nur bedingt aussagekräftig ist. Für fast jede quantitative Kennzahl ist eine zusätzliche (qualitative) Interpretation (etwa als Text) hilfreich und notwendig. Ansonsten können Kennzahlen bereits in der zweiten und dritten Managementebene über der operativen Einheit zu fehlerhaften Schlüssen und Fehlentscheidungen führen. Es ist darüber hinaus sehr wichtig, die für die jeweilige Steuerung „richtigen“ Kennziffern zu finden und darzustellen. Um Interpretationsfehler möglichst zu vermeiden, sollten die Kennziffer, die Einheit und die dahinter liegende Formel einfach zu verstehen sein.

Das Benchmarking von einzelnen Zahlen und der Vergleich mit ähnlichen Netzbetreibern in der Branche kann hilfreich sein für strategische Planungen. Insbesondere durch Kosten und Abschreibungen ergeben sich bei regulierten Verteilnetzbetreibern oft mittel- und langfristige Optimierungsmöglichkeiten, die häufig nur mit Kennzahlen herausgefunden werden können. Für das Netzcontrolling, aber auch für neue Themen wie Process Mining, Robot Process Automation (RPA) und Künstliche Intelligenz (KI) ist es wichtig zu analysieren, welche Prozesse mit welchen Kennzahlen verbessert und optimiert werden können.

Durch den Mechanismus der Anreizregulierung haben deutsche regulierte Verteilnetzbetreiber den beständigen Anreiz der Kosteneinsparung. Hierbei sind interne Kennzahlen das Werkzeug der Wahl für alle Managementebenen. Treffgenaue und korrekte Kennzahlen sind ein stabiles Fundament und die Basis für ein internes Leistungsmanagement (Performance Management).

Information Design

Nach der richtigen Auswahl der Kennziffern sollten Sie sich auch über die Darstellung der Kennziffern und deren Visualisierung Gedanken machen – man spricht hier von Information Design.

Die International Business Communication Standards (IBCS) hat dafür sieben wissenschaftlich fundierte Regelbereiche entwickelt, anhand derer ein Bericht bzw. ein Dashboard idealerweise aufgebaut sein soll. Die sieben Regelbereiche werden mit dem Akronym „SUCCESS“ zusammengefasst:

  • Say: Vermitteln der Botschaft durch Beschreiben, Erklären und Empfehlen. Dafür ist eine klare Kenntnis über die Zielgruppe und die Empfängerinnen und Empfänger sowie die Kernaussagen notwendig.
  • Unify: Gleiche Inhalte werden gleich dargestellt und Verschiedenartiges darf nicht gleich dargestellt werden.
  • Condense: Höhere Informationsdichte zur besseren Darstellung komplexer Sachverhalte.
  • Check: Sicherstellung der visuellen Integrität.
  • Express: Finden geeigneter Visualisierungselemente und effiziente Botschaftsübermittlung.
  • Structure: Organisieren des Berichtes durch Einhaltung der vorgegebenen Strukturen und konsistenten Elementen.
  • Simplify: Entfernen von Redundanzen zum besseren Verständnis.

Die Vorteile einer solchen Vorgehensweise sind unter anderem das schnelle Erkennen von Inhalten, die richtige Interpretation durch funktionale Mustererkennung sowie der gezielte Einsatz von Farben für spezielle Ereignisse, um wichtige Informationen sofort zu erfassen.

Fokus auf kaufmännische Kennzahlen aus dem ERP-System mit Embedded Analytics (eingebettete Analysen)

In unserem Blog-Beitrag gehen wir vor allem auf Dashboards mit wirtschaftlichen beziehungsweise kaufmännischen Kennzahlen bei Netzbetreibern ein, da für eine Darstellung via Dashboards das ERP-System als einheitliche Datenquelle zu einer wesentlichen Vereinfachung und Kosteneinsparung führt.

Als ersten Schritt schlagen wir eine Visualisierung von Kennzahlen mit aktuellen Echtdaten aus dem ERP-System mittels Embedded Analytics vor. Bei eingebetteten Analysen erfolgt die Darstellung von Berichten, Kennzahlen und Dashboards im System der Datenquelle. Die Darstellung von Kennzahlen erfolgt nahezu in Echtzeit. Das bedeutet, die grundlegenden Zahlen im Embedded-Analytics-Dashboard entsprechen den Feldwerten des ERP-Systems. Einer der großen Vorteile von Embedded Analytics ist, dass kostenintensive Datenbanksysteme (Data Warehouses mit Datenreplikation) nicht benötigt, aufgebaut und gewartet werden müssen. Einer der Nachteile besteht darin, dass sich für die Darstellung von historischen (Alt-)Daten und Prognosedaten andere, etwas aufwändigere Technologien besser eignen.

Zu einem späteren Zeitpunkt können, gegebenenfalls in weiteren Dashboards, technische Kennzahlen aus anderen Systemen (unter anderem aus GIS-Systemen beziehungsweise aus einer Netzberechnungssoftware) ergänzt werden. Sie können zudem mit wirtschaftlichen und technischen Kennzahlen kombiniert werden, wie beispielsweise mit den Kosten je Netzebene. Aufgrund der etwas komplexeren Anforderungen ist hier meist die Nutzung eines Data Warehouse oder einer Datenplattform sinnvoll.

Für regulierte Netzbetreiber haben sich in der Regel kaufmännische Kennzahlen als besonders wichtig erwiesen:

  • Ist-Investitionen des laufenden Wirtschaftsplanjahres versus Plan-/Sollwerte (Budget) in Euro
  • Ist-Aufwände des laufenden Wirtschaftsplanjahres versus Plan-/Sollwerte (Budget) in Euro

Es ist meist sinnvoll, diese kaufmännischen Zahlen herunterzubrechen. Zum Beispiel auf

  • die Sparte (Strom, Gas, Wasser, Wärme, Telekommunikation, Dienstleistungen etc.),
  • die Netz- oder Spannungsebene/Druckstufe,
  • Leitungen und Anlagen oder
  • Eigen- und Fremdleistungen.

Diese Kennzahlen schaffen eine hohe Transparenz, so dass Abweichungen bei regelmäßiger Betrachtung zeitnah auffallen, auf die dann unterjährig schnell reagiert werden kann, anstatt dass am Jahresende die Beteiligten von Abweichungen überrascht werden und kaum noch Reaktionsspielraum besteht.

Darüber hinaus kann die klassische Informationskette über das Controlling (und gegebenenfalls die Geschäftsführung) zu den operativen Einheiten – im Falle des Wirtschaftsplans in der Regel der Asset Service – deutlich verkürzt werden, da diese über ein Dashboard regelmäßig die aktuellen Kennzahlen abrufen und sehr viel schneller darauf reagieren können.

Auch die operativen Entscheiderinnen und Entscheider im unteren und mittleren Management benötigen deutlich mehr Details in ihrem Dashboard. Für das Top-Management ist dann eine stark aggregierte Sicht mit hoher Informationsdichte, ein Management-Cockpit, zielführend.

Beispiele für weitere KPIs für das Dashboard sind:

  • Finanzielle KPIs wie Werte der Mittelfristplanung, Anteile an Eigen- und Fremdleistung in Prozent sowie Personalkosten in Euro
  • Regulatorische KPIs wie Erlösobergrenze (EOG), vereinnahmte Netzentgelte, Pachtentgelte, Kapitalkostenabzug/-aufschlag, Regulierungskonto sowie Ertragszuschüsse in Euro
  • Technisch-/wirtschaftliche Kennziffern wie Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung, Inspektion je Anlagengruppe sowie Kosten je Leitungskilometer in Euro
  • Rollout-Quoten für intelligente Messsysteme bezogen auf die Pflichteinbaufall-Gruppen in Prozent
  • Die „Smartifizierung“ des Netzes, zum Beispiel:
    • Wie viele Ortsnetzstationen sind mit fernüberwachten Niederspannungsabgängen ausgerüstet? Wie viele mit Sensoren auf der Mittelspannungsseite?
    • Wie viele Kurz- und Erdschlussschalter sind fernüberwacht?
    • Anteil fernüberwachter Füllstände im Wassernetz

Was ist notwendig, um erfolgreich nutzstiftende Dashboards bei einem Netzbetreiber einzuführen? An erster Stelle wird fundiertes Expertenwissen aus der Branche benötigt, ergänzt um eine präzise Kennzahlendefinition und nutzergerechte Visualisierung des Dashboards. Diese Punkte können in bewährten Workshopformaten erarbeitet und gemeinschaftlich festgelegt werden. Bewährt hat sich dabei eine ausgewogene Mischung aus internen Fachleuten und externen Expertinnen und Experten, die Best Practices aus der Branche und Wissen zur Visualisierung einbringen.

Fazit

Solange die dafür nötigen Daten in einem einfach anzubindenden System vorliegen, ist ein Dashboard ein einfaches und zugleich sehr hilfreiches Werkzeug, um für eine Benutzergruppe die für die Steuerung benötigten Kennzahlen und Grafiken transparent darzustellen. In aller Regel können Dashboards intuitiv bedient werden – und dazu werden weder Logins noch Systemkenntnisse benötigt.

Für ein erstes Dashboard eignen sich vor allem Daten aus dem ERP-System, da diese Datenquelle kostengünstig wichtige Kennzahlen und Dashboards (etwa mittels Embedded Analytics) ermöglicht, die gerade für die Umsetzung des Wirtschaftsplanes großen Mehrwert bieten können.

So ist es in der Anreizregulierung sehr wichtig, dass sich die Aufwände (OPEX) in verschiedenen Kostenarten in einem engen Korridor bewegen und daher die Planwerte möglichst gut eingehalten werden. Mit einem regelmäßigen Blick auf Dashboards können Abweichungen einfach und frühzeitig bereits vom operativen Personal erkannt und es kann auf mehreren Unternehmensebenen darauf reagiert werden, wohingegen viele Effekte ohne Dashboards erst zu spät auffallen, so dass keine hinreichende Reaktionszeit mehr vorhanden ist und eine (zu späte) Verhaltensänderung nicht mehr zum gewünschten Ergebnis beziehungsweise zur (Budget-)Zielerreichung führt. Dashboards können darüber hinaus durch die sehr einfache Bedienung dabei helfen, Berührungsängste zu minimieren und Spaß und Freude an Datenanalysen und an den Veränderungen zu entwickeln, die die Energiewende zwangsläufig mit sich bringt.

Bild Wolfgang Weber

Autor Wolfgang Weber

Wolfgang Weber hat über 20 Jahre Erfahrung in der Energiewirtschaft, war bei verschiedenen Strom-, Gas- und Wassernetzbetreibern mit technischen und wirtschaftlichen Themen betraut und hat dort Projekte und Organisationseinheiten geleitet. Seine Schwerpunkte sind Asset-Management mit der technisch-wirtschaftlichen Optimierung von Assets, Budgets und Prozessen, sowie Regulierungsmanagement. Er liebt es, sich, andere und Prozesse weiterzuentwickeln, Neues auszuprobieren und hat schon mit agilen Projekten Erfahrungen gesammelt.

Bild Andreas Essl

Autor Andreas Essl

Andreas Essl ist Teamleiter bei adesso in der Line of Business Utilities. Er hatte unterschiedliche Rollen im internationalen IT-Projektmanagement und in der internationalen Energiewirtschaft. Darüber hinaus ist er erfahren in der Beratung, der Moderation und der Vortragstätigkeit bei internationalen Workshops, Systemdemonstrationen und Konferenzen. Andreas Essl ist ein Teamplayer, zahlenaffin und sehr interessiert an neuen Themenfeldern wie Energieinnovation, Künstliche Intelligenz und Data Science.

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