Künstliche Intelligenz

Eine zukunftsweisende Disziplin startet durch

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Computerprogramme wie AlphaGo, das auf das Brettspiel Go spezialisiert ist, beflügeln das Thema: So sorgte AlphaGo im Frühjahr 2016 für Furore, als es den damals weltbesten Go-Profispieler Lee Sedol bezwang. Andere KI-Schlagzeilen titeln so: „Computer lernt in 72 Stunden Schach“. In diesen Berichten wird eine Künstliche Intelligenz beschrieben, die selbstständig denkt, Probleme löst und sogar eine eigene Identität entwickelt. Schöne neue Welt?

Ein Beitrag von Prof. Dr. Jürgen Angele und Dr. Thomas Franz

Unsere Vision: KI im Dienste der Wirtschaft

Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens. Was Intelligenz genau bedeutet, ist immer noch nicht eindeutig definiert. Alan Turing entwickelte dazu 1950 den sogenannten Turing-Test. Darin beurteilt ein Mensch, ob ein Text von einem Menschen oder einer Maschine stammt. Falls er den maschinell erstellten Text nicht vom Menschen unterscheiden kann, hat diese Maschine den Turing-Test bestanden und gilt als „intelligent“. Untersuchungen wie diese werden der Disziplin der „starken KI“ zugeordnet und haben das Ziel, eine Maschine zu entwickeln, die über eine menschenähnliche Intelligenz verfügt. Davon sind wir allerdings noch weit entfernt – auch wenn die Berichterstattung teilweise anderes suggeriert. So lässt sich feststellen: Die Ziele der starken KI sind nach Jahrzehnten der Forschung immer noch visionär.

Renaissance der Künstlichen Intelligenz in Forschung und Praxis

Im Rahmen unserer IT-Anwendungen ist die Frage nach der „Menschenähnlichkeit“ gar nicht relevant. Wir setzen Künstliche Intelligenz in Wirtschaft und Gesellschaft gemeinhin als Mittel ein, um Entscheidungen zu treffen, Qualitätsverbesserungen zu erzielen und um Prognosen für die Zukunft zu stellen. Dieser Bereich wird als „schwache KI“ bezeichnet. Er erfährt in der letzten Zeit eine echte Wiederbelebung. Dabei sind die Methoden der KI alles andere als neu. Erste Vorschläge für neuronale Netze stammen bereits aus dem Jahre 1943. Ein Grund für die Renaissance des Themas: Durch die immens gestiegenen Rechenkapazitäten, das Internet und durch den Einsatz moderner Big-Data-Technologien verfügen wir heute über zahlreiche und hoch qualitative Daten für verschiedenste Anwendungen (Lesen Sie dazu auch unser Interview mit einem Big Data Engineer bei adesso).

KI umfasst Methoden, Verfahren und Technologien, um solche Daten zu analysieren, darauf Modelle zu entwickeln, um Entscheidungen und Vorhersagen zu unterstützen. Neuronale Netze sind auf dem heutigen Level der KI unter anderem deshalb so erfolgreich, weil beim Lernen ein enormer Beschleunigungsfaktor durch Grafikprozessoren (GPUs) erreicht werden kann. Grosse Anbieter von IT-Lösungen und Produkten haben das Thema aufgegriffen und bieten entsprechende KI-Services an.

KI: Ein Definitionsversuch

Welche Methoden in der KI zum Einsatz kommen, wollen wir anhand von konkreten Anwendungsfällen, den „Use Cases“, aufzeigen. Eine wichtige Unterscheidung bei den Methoden der Künstlichen Intelligenz bildet die Repräsentation des Wissens. Symbolische Systeme beschreiben ihr Wissen in einer Form, die für den Menschen lesbar und verstehbar ist, während sich sub-symbolische Systeme dem Menschen weitgehend als Blackbox-Systeme darstellen, deren Inhalte nicht einfach zu verstehen sind. Die Wahl für die eine oder andere Art hängt auch vom Kontext ab. Oftmals fordern Regularien, dass Entscheidungen nachvollziehbar und erklärbar sind. In solchen Fällen scheiden sub-symbolische Verfahren aus, weil es keine Möglichkeit gibt, solche Erklärungen zu erzeugen. Systeme der Künstlichen Intelligenz sind sehr generelle Systeme, also zum Beispiel mit allgemeinen Schlussfolgerungsmechanismen oder solche, die ganz generell Muster lernen und erkennen können. Derartige Systeme sind zu Beginn „dumm“, da sie kein Wissen enthalten. Um sie intelligent zu machen, müssen sie trainiert oder explizit mit Wissen angereichert werden.

Maschinelles Lernen

Lernen wird als wichtiger Teil von Intelligenz angesehen. Maschinelles Lernen bedeutet, dass ein Modell auf der Basis von Daten „erlernt“ wird. Ein Modell ist beispielsweise in der Lage, die Kameraführung für ein Fußballspiel zu übernehmen, das heißt, selbstständig relevante Kamerapositionen und Einstellungen auszuwählen. Wir beschreiben in diesem aditorial einen solchen Anwendungsfall für „Maschinelles Lernen“ am Beispiel des Projekts und Start-ups soccerwatch.tv.

Ein weiteres Beispiel sind KI-Frühwarnsysteme im Maschinenbau: Hier „lernen“ technische Systeme frühzeitig die Mechanismen zu deuten, die voraussichtlich zum Ausfall einer Maschine führen. So kann eine Maschinenwartung rechtzeitig angestoßen werden, bevor der Ausfall droht. Darüber hinaus sind die KI-Prinzipien des Maschinellen Lernens in vielen anderen Bereichen unserer Wirtschaft sinnvoll: Für den Versicherungsbereich hat adesso das Verfahren „Heuristic Claims Management (HCM)“ entwickelt, mit dem der Prozess der Schadenmeldung und -anlage effizient, da vollautomatisiert, gestaltet werden kann. Im Bankenbereich gibt es bereits KI-basierte Betrugserkennungssysteme (Fraud Detection), die schädliche Aktivitäten frühzeitig aufdecken können. Künstliche Intelligenz wird darüber hinaus natürlich auch in der Roboter- und Fahrzeugtechnik eingesetzt sowie in den neuen Sprachassistenzsystemen wie Alexa und Siri mit ihrer Sprache-zu-Text-Übersetzungsfunktionalität.

In vielen Anwendungsfällen bei unseren Kunden ist der Anwendungsbereich oft komplexer Natur. Daten, aus denen gelernt wird, sind in diesen Projekten ein entscheidendes Element für den Projekterfolg.

Maschinelles Lernen: symbolisch versus sub-symbolisch und überwacht versus unüberwacht

Maschinelles Lernen ist sowohl auf symbolische wie auch auf sub-symbolische Repräsentationsformen anwendbar. So gibt es beispielsweise maschinelle Lernverfahren für symbolische Repräsentationen wie das Lernen von Regeln. Die eingangs erwähnten Erfolge von Computern sind insbesondere auf Fortschritte bei neuronalen Netzen, dem Deep Learning, zurückzuführen, also auf Lernverfahren im sub-symbolischen Bereich.

Bei maschinellem Lernen wird zwischen überwachtem und unüberwachtem Lernen unterschieden. Überwachtes Lernen bedeutet, dass man dem Verfahren für eine Trainingsmenge jeweils vorgeben muss, was die richtige Entscheidung ist. Da sehr große Trainingsmengen benötigt werden, ist der Aufwand hier oft hoch. Sub-symbolische Lernverfahren werden meist zur Klassifikation oder zur Regression eingesetzt. Ein Beispiel für unüberwachtes Lernen ist die Suche nach Klassen (Clustern) in einer Menge von Datenpunkten. Ganz generell eignen sich diese Verfahren zur Klassifikation von Signalen aller Art, wie Audio-, Bild- und Funksignalen, sehr gut.

Lesen Sie weiter im Teil II zu „Künstliche Intelligenz – Anwendungen und Fazit“!

Prof. Dr. Jürgen Angele...

... leitet das Competence Center „Künstliche Intelligenz“ bei der adesso AG. Er berät Firmen beim Einsatz von Methoden der Künstlichen Intelligenz und leitet entsprechende Projekte. Er promovierte im Teilgebiet „Wissensrepräsentation und Schlussfolgerungssysteme“. Prof. Angele verfügt über dreißig Jahre Erfahrung in KI-Projekten, als Wissenschaftler, Gründer und Leiter eines Unternehmens und bei der Beratung von Start-ups. Er publizierte über 100 Veröffentlichungen und hält 9 Softwarepatente in diesem Bereich.
E-Mail: juergen.angele@adesso.de

Dr. Thomas Franz...

... leitet den Technologiebeirat der adesso AG. Er berät Unternehmen zum Einsatz neuer IT-Ansätze und zu den einhergehenden architektonischen, methodischen und organisatorischen Veränderungen. Er promovierte in einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, dem „Semantic Web“, und verfügt über 10 Jahre Erfahrung in KI-Projekten – als Wissenschaftler, Gründer eines Start-ups sowie als Berater.
E-Mail: thomas.franz@adesso.de

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